EU-Beitrittsperspektive Westbalkan-Treffen endet ohne Fortschritte
Das Spitzentreffen der EU mit den Westbalkan-Ländern ist ohne Fortschritte zu Ende gegangen. Die Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien und Albanien sind damit trotz des Werbens von Bundeskanzler Scholz weiter blockiert.
Die EU-Staaten haben ihre Beratungen mit den sechs beitrittswilligen Westbalkan-Staaten ohne konkrete Ergebnisse beendet. Es habe "offene Diskussionen" gegeben, hieß es nach den fast vierstündigen Brüsseler Beratungen in EU-Kreisen. Man sei aber keinen Schritt auf dem Weg weitergekommen, die Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien zu eröffnen und für den Kosovo eine Visa-Liberalisierung zu beschließen, hieß es weiter.
Die ursprünglich nach den Beratungen angesetzte Pressekonferenz mit EU-Ratspräsident Charles Michel, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen wurde aus Zeitgründen abgesagt.
Schon vor dem Treffen hatte sich etwa der albanische Ministerpräsident Edi Rama frustriert von dem Stillstand gezeigt. "Es ist eine Schande, dass ein NATO-Land zwei andere NATO-Länder als Geisel hält", sagte er zur bulgarischen Blockade. Die anderen 26 EU-Staaten hätten eine "furchterregende Show der Impotenz" gezeigt.
Scholz' Werben und Macrons Kompromiss ohne Erfolg
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte vergeblich darauf gepocht, nun den Weg für Beitrittsgespräche frei zu machen. Die Regierung in Sofia fordert, dass Nordmazedonien vor der Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen die bulgarischen Wurzeln in seiner Sprache und Geschichte sowie Rechte der bulgarischen Minderheit anerkennen solle.
Auch ein französischer Kompromissvorschlag brachte keine Annäherung. Verkompliziert wurde die Lage dadurch, dass der bulgarische Ministerpräsident Kiril Petkow am Mittwoch über ein Misstrauensvotum stürzte.
Kanzler Scholz hatte mit Verweis auch auf die geostrategische Bedeutung des Westbalkans und den Einfluss Russlands und Chinas auf eine schnelle EU-Annäherung der sechs Balkan-Staaten gepocht. "Deutschland wird die Aktivitäten der westlichen Balkanstaaten unterstützen bei ihrem Weg in die EU", sagte er in Brüssel. Die Länder müssten endlich das Gefühl bekommen, dass ihre Reformanstrengungen belohnt würden.
Differenzen zwischen Westbalkan-Staaten werden deutlich
In Brüssel zeigten sich auch Differenzen unter den sechs Westbalkan-Staaten Serbien, Kosovo, Montenegro, Albanien, Nordmazedonien und Bosnien-Herzegowina, die sich alle an unterschiedlichen Etappen bei ihrer EU-Annäherung befinden. So kritisierte die Präsidentin von Kosovo, Vjosa Osmani-Sadriu, Serbien, das die ehemalige Provinz immer noch nicht als unabhängig anerkennen will.
Es sollten nur diejenigen Länder bei den EU-Beitrittsverhandlungen voranschreiten, die auch die EU-Sanktionen gegen Russland unterstützen, sagte sie. Dies ist etwa bei Serbien nicht der Fall. Osmani-Sadriu betonte, dass es für ihr Land nur die Option einer Aufnahme in die EU gebe. Es sei unmöglich, sich sowohl Richtung EU und Richtung Moskau orientieren zu wollen, fügte sie ebenfalls in Anspielung auf Serbien hinzu.
Serbien trägt EU-Sanktionen nicht mit
Serbien hat sich den EU-Sanktionen gegen Moskau wegen des Angriffs auf die Ukraine nicht angeschlossen. Kanzler Scholz hatte die Regierung in Belgrad wiederholt ermahnt, dass von EU-Beitrittskandidaten erwartet werde, auch die EU-Außenpolitik zu teilen. Serbiens Präsident Aleksander Vucic wies in Brüssel darauf hin, dass seine Regierung sehr wohl für eine territoriale Integrität der Ukraine sei. Aber einige EU-Staaten respektierten nicht einmal die Serbiens, sagte er in Anspielung auf den Kosovo.
Am Nachmittag beginnt in Brüssel der reguläre zweitägige EU-Gipfel der 27 EU-Staats- und Regierungschefs. Dabei dürfte nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel ein EU-Kandidatenstatus für die Ukraine und Moldau beschlossen werden. Georgien soll dagegen nur eine "europäische Perspektive" ohne offiziellen Kandidatenstatus erhalten.