Europäischer Gerichtshof Weiteres Urteil gegen Polens Justiz
Der Europäische Gerichtshof hat erneut eine Regelung im aktuellen polnischen Justizsystem für unzulässig erklärt. Der Justizminister habe zu viel Macht - das verstoße gegen das EU-Recht, so die Richter.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat erneut eine Regelung im aktuellen polnischen Justizsystem für unzulässig erklärt. Die polnische Regelung, derzufolge der gleichzeitig als Generalstaatsanwalt fungierende Justizminister Richter an höhere Gerichte abordnen und von dort jederzeit wieder abberufen kann, verstößt gegen EU-Recht, teilte der EuGH mit. Es müsse sichergestellt sein, dass eine solche Abordnung niemals als Instrument zur politischen Kontrolle von Gerichtsentscheidungen diene.
Konkret ging es um sieben Strafprozesse. Das Bezirksgericht Warschau, das die Fälle verhandelt, bat den EuGH um Auslegung des EU-Rechts. Es sah in der Regelung eine mögliche Gefährdung der justiziellen Unabhängigkeit. Dies bestätigte der EuGH nun.
Die Regelung führe dazu, dass die abgeordneten Richter während der Dauer der Abordnung nicht über die Garantien und die Unabhängigkeit verfügen, über die ein Richter in einem Rechtsstaat normalerweise verfügen müsse, teilte der EuGH mit. Nach dem Urteil ist es demnach nicht ausgeschlossen, dass die Regelung als Instrument zur politischen Kontrolle des Inhalts justizieller Entscheidungen eingesetzt wird. Das Gesetz, das vom EuGH kritisiert wird, stammt aus dem Jahr 2001 und ist nicht Teil der umstrittenen Justizreform.
Polen wegen Justizreform in der Kritik
Bereits mehrmals hatte der EuGH entschieden, dass Teile der polnischen Justizreform gegen europäisches Recht verstoßen. Zuletzt verhängte er Ende Oktober ein tägliches Zwangsgeld von einer Million Euro gegen Polen, weil das Land ein früheres Urteil zu umstrittenen Justizreformen nicht umsetzte. Konkret ging es dabei insbesondere um die Anordnung, die Arbeit der Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern zu stoppen. Die Tätigkeit ist nach EuGH-Entscheidungen nicht mit EU-Regeln zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz vereinbar.
Der Umgang von Polens nationalkonservativer PiS-Regierung mit dem Justizsystem des Landes steht schon seit Jahren heftig in der Kritik. Die Regierung in Warschau und besonders Justizminister Zbigniew Ziobro signalisieren bislang allerdings in den entscheidenden Punkten kein Einlenken. Ziobro ist auch Architekt der Justizreformen.
Innerhalb der nationalkonservativen PiS-Regierung von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat er sich als antieuropäischer, rechter Hardliner profiliert. Er argumentiert, seine Reformen seien nötig, um das polnische Justizsystem leistungsfähiger zu machen und es zudem von Richtern zu befreien, die noch im Kommunismus geprägt wurden.