Impfung in Niedersachsen
FAQ

Pläne der EU-Kommission Wie der Impfnachweis funktionieren soll

Stand: 17.03.2021 17:31 Uhr

Ein Zertifikat soll bald das Reisen in Europa trotz Corona-Pandemie ermöglichen. Welche Informationen werden erfasst? Und was soll mit dem Nachweis genau möglich sein? Ein Überblick über die Pläne der EU-Kommission.

Welche Angaben sollen erfasst werden?

Die EU-Kommission nennt den Nachweis "Digitales Grünes Zertifikat". Es soll Aufschluss darüber geben, ob ein Mensch das Coronavirus weiterverbreiten kann - oder zumindest, wie wahrscheinlich dies ist. Neben Impfungen sollen auch Angaben über eine überstandene Corona-Infektion sowie aktuelle Testergebnisse hinterlegt werden. Die EU-Kommission betont, damit werde eine Diskriminierung von Nicht-Geimpften beim Reisen verhindert. Es müssten keine persönlichen Daten ausgetauscht werden.

Das Dokument soll in der jeweiligen Landessprache und auf Englisch ausgestellt werden. An dem Zertifikat kann sich aber auch noch etwas ändern, etwa wenn ein Impfstoff nicht mehr gegen eine Mutationsvariante helfen sollte. Jeder EU-Bürger soll das Dokument kostenlos erhalten können.

Digitaler Impfpass als Eintrittskarte für mehr Freiheit

Frido Essen, RB, Morgenmagazin

Braucht man ein Smartphone?

Stand jetzt wird kein mobiles Endgerät gebraucht. Das Zertifikat ist zwar in erster Linie als digitales Dokument gedacht, es soll die Bescheinigung mit personalisiertem QR-Code aber auch auf Papier geben. Über diesen Code könnten dann alle notwendigen Daten abgerufen werden. Zudem soll er eine digitale Signatur enthalten, um den Nachweis fälschungssicher zu machen.

Was soll mit dem Zertifikat möglich sein?

Die EU-Kommission will mit dem Dokument Reisen und dadurch eine Sommersaison für den Tourismus ermöglichen. Es soll aber keinesfalls eine "Voraussetzung für die Ausübung der Freizügigkeit sein". Deshalb ist die Behörde inzwischen auch von der ursprünglichen Bezeichnung "grüner Pass" abgerückt. Justizkommissar Didier Reynders betonte, dass jeder EU-Staat am Ende entscheidet, was mit dem Zertifikat möglich sein soll. Die Mitgliedstaaten könnten etwa bei Einreise auf Basis der Angaben im Zertifikat auf bestehende Test- oder Quarantänepflichten verzichten.

Welche Türen der Nachweis öffnen soll, ist in den EU-Staaten noch nicht Konsens. Bundeskanzlerin Angela Merkel etwa hat sich gegen Erleichterungen für Geimpfte ausgesprochen, solange noch wenige Menschen Chancen auf die schützende Impfung haben. Griechenland und andere Urlaubsländer dringen hingegen darauf, Reiseerleichterungen mit einem solchen Dokument zu verbinden.

Also doch kein Urlaub trotz Corona-Impfung?

Das kommt auf die Maßnahmen der EU-Staaten an: Selbst wenn Deutschland gegen Erleichterungen für Geimpfte im eigenen Land wäre, könnten Urlaubsländer wie Griechenland, Österreich oder Zypern entscheiden, dass Menschen mit Impfung nicht in Quarantäne müssen. Dabei ist der wirtschaftliche Druck groß: In Zypern etwa machte der Tourismus 2018 nach Daten des EU-Statistikamts Eurostat einen Anteil von fast 14 Prozent am Bruttoinlandsprodukt aus, in Griechenland waren es knapp neun und in Österreich gut fünf Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland ist es gut ein Prozent.

Welche Impfstoffe zählen?

Zunächst kommen für die Kommission nur Impfungen mit den von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA zugelassenen Impfstoffen in Frage. Das sind derzeit die Mittel von BioNTech/Pfizer, Moderna, AstraZeneca und Johnson & Johnson. Ungarn zum Beispiel verimpft aber auch das russische Vakzin Sputnik V und das des chinesischen Herstellers Sinopharm. Laut Kommission soll es den anderen Mitgliedstaaten freistehen, ob sie Bescheinigungen über Impfungen mit diesen Mitteln anerkennen oder nicht.

Wann kommt das Zertifikat?

Das kann noch dauern. Die Kommission hat eine EU-Verordnung vorgeschlagen, also ein direkt anzuwendendes EU-Gesetz, das die nationalen Behörden verpflichten würde, ihren Bürgern das besagte Dokument auf Anfrage auszustellen. Dafür müssen die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament noch jeweils ihre Position festlegen und dann untereinander den finalen Gesetzestext aushandeln. Selbst ein beschleunigtes Verfahren wird wohl Monate dauern. Die Kommission ist dennoch optimistisch, das Gesetz bis Juni zu verabschieden, um die Tourismus-Saison zu retten.

Wo könnten Schwierigkeiten auftreten?

Im Laufe des Gesetzgebungsprozesses könnten unterschiedliche Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten oder Datenschutzbedenken des EU-Parlaments die Annahme verzögern. Die technische Umsetzung, um die sich die Mitgliedstaaten einzeln kümmern, könnte ebenfalls Probleme bereiten. Ein Faktor ist hierbei, dass die notwendigen Daten in einigen Ländern, darunter Deutschland, bislang nicht zentral gespeichert werden. Auch medizinische Fragen sind noch offen. Zum Beispiel ist nicht sicher, wie groß dass Risiko ist, dass selbst geimpfte oder genesene Menschen das Virus weiterverbreiten.

Michael Schneider, Michael Schneider, ARD Brüssel, 17.03.2021 09:42 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell Radio am 17. März 2021 um 17:06 Uhr.