Finnland Jung, grün - und für Atomkraft
Grün und für Atomkraft: In Finnland ist das kein Widerspruch, auch nicht im Jugendverband der Partei. Dort lobt man Atomstrom als klimaneutral - und wundert sich über die deutsche Haltung zu den fossilen Brennstoffen.
Nur drei Frauen und ein Mann sind beim Treffen der grünen Jugend im Büro in Helsinki dabei, Corona-bedingt werden die anderen Parteifreunde per Video zugeschaltet: Die vier klappen ihre Laptops auf.
Peppi Seppäla ist die Vorsitzende der Jugendorganisation und spricht mit ihren Parteifreunden über Energiepolitik. Genau ihr Thema, sie studiert Energiewissenschaft, und auf der Internetseite der jungen Lokalpolitikerin beschreibt sie sich selbst so: "Ich war schon immer besorgt über das Klima und mein Wunsch, den Klimawandel zu bekämpfen, hat meine Studienwahl, Jobs und Parteiwahl bestimmt."
Was Peppi Seppäla damit meint: Sie, Vorsitzende der Grünen Jugend, befürwortet Atomstrom.
In Finnland ist man der Meinung, dass es wichtig ist, CO2-neutralen Strom zu produzieren, damit die Industrie ihre Emissionen verringern kann. Wenn man sich auf saubere Energie konzentriert, verursacht die Nutzung weniger Emissionen. In Deutschland wiederum wollte man diesen Weg nicht gehen, sondern hat eher auf Gas und Kohle gesetzt. Die Deutschen sind wohl der Meinung, dass die Verringerung von fossilen Brennstoffen nicht so eine hohe Priorität hat.
Die Grüne Jugend in Finnland tritt für Atomkraft ein.
Klimaneutral bis 2035 - mit Atomkraft
Die Grünen sind in Finnland Teil einer Fünf-Parteien-Koalition um Ministerpräsidentin Sanna Marin. Für die Regierung gehört Atomkraft zum Energiemix dazu. Zumindest so lange, bis sie vollständig von erneuerbaren Energiequellen abgelöst werden kann. Nur so könne das ehrgeizige Ziel - Klimaneutralität bis 2035 - erreicht werden.
Während Deutschland abschaltet, schaltet Finnland ein. Der neue Atommeiler Olkiluoto 3 ist gerade ans Netz gegangen, nur wenige Autostunden von Helsinki entfernt.
"Viele Grüne haben sich gefreut, dass es nun los geht und es gab auch wenig Proteste", sagt Seppäla dazu. "Mehrheitlich hörte man positive Kommentare, im Sinne von: Gut, dass es vorangeht. Es hat lange gedauert, das Projekt abzuschließen."
Die Bevölkerung will noch mehr
Rückhalt gibt es auch in der finnischen Bevölkerung: Noch nie sei die Zustimmung in Bezug auf Atomenergie höher gewesen, stellte kürzlich eine Studie des Wirtschaftsverbands für Energie fest. Demnach wünschen sich rund die Hälfte der Finninnen und Finnen sogar mehr davon.
Vor einigen Jahrzehnten sah das noch ganz anders aus. Auch bei den Grünen war die Meinung damals eine andere: Sie verließen wegen Meinungsverschiedenheiten über Atomenergie schon zwei Mal eine Regierungskoalition, zuletzt erst 2014.
Jetzt, acht Jahre später, findet Jugendorganisationschefin Seppäla lobende Worte für das finnische Endlager, das in zwei Jahren in Betrieb gehen soll:
In Finnland ist das Atommüll-Problem gelöst. Wir haben nun das Endlager, wo wir ihn lagern können. Die Sicherheitsklassifizierung ist dort sehr streng. Ich habe das Endlager besucht. Es befindet sich in einem Felsen und der Atommüll kann dort für Tausende Jahren liegen , ohne dass er sich irgendwohin bewegt.
Das Wichtigste derzeit sei, von fossilen Brennstoffen Abstand zu nehmen. Über alles andere könne man sich dann Gedanken machen.