Parlamentswahl in Frankreich Erste Runde im Schlagabtausch
Heute findet die erste Wahlrunde für das französische Parlament statt. In Umfragen lag die linke Volksunion um Melenchon erstmals vor Macrons Partei - denn dessen Rentenreformpläne sind unpopulär.
Der Wahlkampf ist zu einem Schlagabtausch zwischen zwei Lagern geworden. Das Wahlbündnis der Präsidentenpartei "La Republique en Marche" auf der einen Seite. Die NUPES, die "Neue Ökologische und Soziale Volksunion" um den Linkspopulisten Jean-Luc Melenchon, auf der anderen Seite.
Macron schaltete diese Woche auf Attacke: "Melenchons Programm ist ein Programm von Verboten und Steuern. Ich hab mir die Mühe gemacht, es zu lesen", wetterte er. "Er will allein 20 neue Steuern einführen. Das ist also kein gutes Programm für unser Land."
Und seine Premierministerin Elisabeth Borne ließ wissen: "Das wäre ein verhängnisvolles Programm für unser Land." Sie meint damit die Rente mit 60, den Mindestlohn von 1500 Euro, die Verstaatlichung der Autobahnen, die Ankündigung, EU-Recht zu missachten, wenn es nationalen Interessen widerspricht und die Volksentscheide für mehr direkte Mitbestimmung.
Melenchon wettert gegen Macron
Melenchon wiederum teilt seit Wochen aus. Er will die Parlamentswahlen gewinnen, um selbst - von einer linken Mehrheit getragen - Premierminister werden zu können und so ein parlamentarisches Gegengewicht zu Macron zu bilden.
Melenchon bezichtigt den Präsidenten sozialer Kälte und wirft ihm vor, das Parlament geringzuschätzen, selbstherrlich durchzuregieren. Damit werde nach den Wahlen Schluss sein, frohlockt der linke Volkstribun: "Rein gar nichts wird mit dem Staatschef verhandelt - allenfalls die Bereitschaft, vernünftige Lösungen zu finden. Und wenn es ein Problem gibt, dann wird das Parlament entscheiden. Ich werde diesen präsidialen Monarchen doch nicht um Erlaubnis bitten, den Volkswillen umzusetzen!"
Und der Volkswille, davon gibt sich Melenchon überzeugt, werde sich gegen eines der wichtigsten Projekte Macrons aussprechen: Die Erhöhung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre. Der Schlagabtausch der beiden Lager hat alle anderen Akteure an den Rand gedrängt.
Macron könnte absolute Mehrheit verlieren
Die beiden extrem rechten Parteien um Marine Le Pen und Eric Zemmour kannibalisieren sich gegenseitig. Die konservativen Republikaner werden allenfalls eine Rolle als Mehrheitsbeschaffer spielen - nämlich dann, wenn es dem spät in den Wahlkampf gestarteten Wahlbündnis der Präsidentenpartei nicht gelingen sollte, die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung zu halten.
"Wenn Macron die absolute Mehrheit verliert, wird er verhandeln müssen, Kompromisse machen", sagt Politikwissenschaftler Brice Teinturier. "Das sind die Franzosen zwar nicht gewohnt. Aber wenn es da nur um zwei, drei Abgeordnete geht, wird es ihm schon gelingen, Mitstreiter zu finden und sein Programm umzusetzen. Wenn die linke Volksunion es allerdings schafft, eine absolute Mehrheit zu bekommen, dann kippt alles in Richtung eines ganz anderen politischen Programms."
In dieser Woche hat die linke Volksunion NUPES in den Umfragen erstmals knapp vor Macrons Bündnis gelegen. Meinungsforscher gehen aber davon aus, dass es am Ende nicht für eine linke Mehrheit der Sitze reichen wird. Denn im Mehrheitswahlrecht setzen sich meist die gemäßigten Parteien durch. Nur wer spätestens im zweiten Wahlgang am 19. Juni die Mehrheit in seinem Wahlkreis erringt, bekommt auch einen Sitz im Parlament. Alle anderen gehen leer aus.