Frankreich Gesucht: Ein Gegner für Macron
Frankreich nimmt Kurs auf die Präsidentschaftswahl 2022. Noch haben nicht alle Parteien ihre Kandidaten benannt, noch belauern sich potentielle Bewerber. Insbesondere am rechten Rand sorgt ein Akteur für Unruhe. Von Sabine Wachs.
Frankreich nimmt Kurs auf die Präsidentschaftswahl 2022. Noch haben nicht alle Parteien ihre Kandidaten benannt, noch belauern sich potentielle Bewerber. Insbesondere am rechten Rand sorgt ein Akteur für Unruhe.
Es war keine große Überraschung. Am Wochenende kürten die französischen Sozialisten die Pariser Oberbürgermeisterin Anne Hildalgo offiziell zu ihrer Präsidentschaftskandidatin. Sollte die Tochter spanischer Einwanderer im kommenden Jahr in den Elysée-Palast einziehen, will sie unter anderem die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen schließen und das Wahlalter auf 16 Jahre absenken. Außerdem eine "Klima-Vermögenssteuer" einführen, die vor allem Jet-Setter belasten soll.
Sozialistisch mit grünem Anstrich ist die Politik, die Hildalgo bereits seit 2014 in Paris macht: Autos raus, mehr Bäume, ein besseres Klima und sozialer Wohnungsbau auch in noblen Vierteln - nicht allen in Paris gefällt diese Politik. Mit einem solchen Programm will Hidalgo nun aber auch auf nationaler Ebene punkten. Allerdings glauben rund ein Drittel der Franzosen, Hidalgo verstehe die Menschen außerhalb der Hauptstadt nicht. Im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl käme sie aktuellen Umfragen zufolge gerade einmal auf sechs Prozent.
Rot-grüne Allianz unwahrscheinlich
Damit scheint ein sozialistisch-grünes Bündnis unter der Führung von Hidalgo ausgeschlossen. Zwar streckt sie die Hand in Richtung Grüne aus, doch deren Präsidentschaftskandidat Yannick Jadot will sie nicht ergreifen. 2017 hatten sich die Grünen bereits hinter dem Sozialisten Benoît Hamon versammelt, der auf nicht mal sechs Prozent der Stimmen kam. Ein Desaster, das sich nicht wiederholen soll.
Zwar liegt Jadot in aktuellen Umfragen mit acht Prozent nur knapp vor der Sozialistin Hidalgo, allerdings agieren er und seine Partei heute aus einer stärkeren Position. Bei den Europa- und Kommunalwahlen erzielten sie Erfolge. Außerdem spielt den Grünen die Debatte um den Klimawandel in die Hände.
Anders als ihre deutsche Schwesterpartei stehen sie nicht für den sofortigen Atomausstieg. Kernkraftwerke sollen auch unter grüner Führung noch 20 Jahre weiterlaufen - als saubere Übergangstechnologie auf dem Weg zur Klimaneutralität. Die Atomkraft weiter nutzen will auch die Mehrheit der Franzosen, vor allem aus dem konservativen Lager. Für Jadot gilt es, auch dort Stimmen abzugreifen.
Obenauf mit ökologischen Themen und Toleranz für Atomkraft: Grünen-Kandidat Jadot
Zerstrittene Konservative
Stimmen, die traditionell an die konservative Partei "Les Republicains" gehen. Die allerdings zerlegt sich seit Monaten im innerparteilichen Streit. Ein Präsidentschaftskandidat wird erst am 4. Dezember von Delegierten gekürt. Insgesamt sechs Personen bewerben sich, einige von ihnen sind nicht mal mehr in der Partei.
Aktuell die besten Chancen hat der frühere Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier. Er ist seiner Partei treu geblieben, hat außerdem ein Standing auf europäischer und internationaler Bühne. Barnier vertritt einen grundsätzlich pro-europäischen Kurs, bedient aber gleichzeitig die Bedürfnisse vieler Konservativer, etwa, wenn er sich für einen zeitlich begrenzten Aufnahmestopp von Migranten ausspricht, bis EU-weit einheitliche Regeln verhandelt wurden. Barniers großes Manko: Bei den Französinnen und Franzosen ist er kaum bekannt.
Ein Rechtsaußen mischt sein Lager auf
Anders als der aktuelle Überflieger vom extrem rechten Rand: Der Publizist und Journalist Eric Zemmour, der über Jahrzehnte zur besten Sendezeit in französischen Fernsehformaten präsent war. Zwar hat er seine Kandidatur noch nicht offiziell bekanntgegeben, aber er hat sich schon jetzt eine Wahlkampfbühne geschaffen.
Mit seinem islamfeindlichen Diskurs fischt Zemmour nicht nur bei den Konservativen. Auch Marine Le Pen, der Präsidentschaftskandidatin der Rechtsaußen-Partei "Rassemblement National", gräbt er das Wasser ab. Beide setzen auf die Themen Innere Sicherheit und Migration. Noch liegt Le Pen in Umfragen mit rund 18 Prozent der Wählerstimmen im ersten Wahlgang vor Zemmour, allerdings holt der rechte Publizist auf. Gemeinsam kämen beide auf mehr als 30 Prozent.
Präsident im unerklärten Wahlkampf
Le Pen und Zemmour liegen somit auf Platz 2 und 3 der Umfragen. Mit rund 24 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang kann aktuell nur der amtierende Präsident Emmanuel Macron rechnen. Noch hat er seine Kandidatur nicht offiziell bekanntgegeben. Im Wahlkampfmodus ist er trotzdem schon.
Mitte Oktober stellte Macron seinen Investitionsplan für Frankreich 2030 vor und skizzierte damit auch seine großen Themen des Wahlkampfs: Klimaneutralität durch Atomkraft, europäische Souveränität und ein starkes Frankreich innerhalb der Europäischen Union.