UN-Menschenrechtsrat Kritik an Deutschlands Umgang mit Pro-Palästina-Demos
Deutschland ist vom UN-Menschenrechtsrat überprüft worden. Fast 130 Staaten äußerten sich in der Sitzung zur Lage in der Bundesrepublik. So beklagten mehrere arabische Länder Polizeigewalt bei pro-palästinensischen Demonstrationen.
Es dürfte ein Zufall sein, dass der UN-Menschenrechtsrat Deutschland ausgerechnet am 9. November überprüft. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, machte jedoch gleich zu Beginn ihrer Rede klar, dass der 9. November für sie kein Datum wie jedes andere sei.
"Gerade heute hier, am 85. Jahrestag der Reichspogromnacht, am 9. November über Menschenrechte zu sprechen, erfüllt mich - und da kann ich sicher für die ganze Delegation sprechen - mit besonderer Ehrfurcht: Vor der Aufgabe und dem Bekenntnis zum Schutz jüdischen Lebens in Deutschland", so Amtsberg.
Deutschland hat Verbesserungsbedarf
Amtsberg betonte in Genf, die Bundesregierung setze sich sehr selbstkritisch mit dem Thema Menschenrechte in Deutschland auseinander. Man wisse um die Herausforderungen und scheue sich nicht, diese anzugehen - zum Beispiel, wenn es um den Kampf gegen Rassismus und die Rechte von Frauen gehe.
"Geschlechtergerechtigkeit muss endlich in allen Lebensbereichen Realität werden. Und neben rechtlicher Gleichstellung arbeiten wir an der Überwindung von Machtverhältnissen und tradierten Rollen", sagte Amtsberg. Häusliche Gewalt sei ein erschütternder Fakt. Und das Hilfesystem in Deutschland werde den Betroffenen aktuell nicht gerecht, räumte die Menschenrechtsbeauftragte ein.
UN-Mitglieder blicken auf Deutschland
Im Anschluss daran äußerten sich nacheinander die Vertreter von 127 UN-Mitgliedstaaten zum Thema Menschenrechte in Deutschland. Dabei blieben jeder und jedem lediglich 55 Sekunden, um Forderungen vorzutragen - denn die Sitzung ist zeitlich knapp begrenzt.
Viele Staaten sehen Verbesserungsbedarf in Deutschland, so etwa beim Kampf gegen Altersdiskriminierung, der Gleichstellung von Frauen und queeren Menschen, der Verfolgung von Hassrede oder auch der Inklusion von Menschen mit Behinderung.
Einige arabische Staaten wie der Irak werfen Deutschland Polizeigewalt und die Einschränkung des Demonstrationsrechts insbesondere bei pro-palästinensischen Versammlungen vor: "Wir sind zutiefst besorgt über Berichte von Gewalt an friedlichen Demonstranten durch Ordnungskräfte. Und über die Einschränkung des Versammlungsrechts in Deutschland, basierend auf diskriminierenden Gründen."
Rat gibt Empfehlungen für Deutschland
Zu der deutschen Delegation in Genf gehören auch Vertreterinnen und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen. Auch ihre Einschätzungen zum Thema sind Teil der Überprüfung im Menschenrechtsrat. Nach der Sitzung zeigte sich die Direktorin des unabhängigen Deutschen Instituts für Menschenrechte, Beate Rudolf, sehr zufrieden, vor allem weil die Bundesregierung signalisiert habe, dass sie viele Menschenrechtsthemen angehen wolle.
Rudolf kritisierte jedoch, dass ein zentrales Thema viel zu kurz gekommen sei. "Ich bedaure doch, dass das Thema Armut nicht den Raum bekommen hat, den Zivilgesellschaft, aber auch gerade wir als Institut in unseren Berichten an die Vereinten Nationen hervorgehoben haben." Bei diesem Thema gehe es nämlich ganz besonders um zentrale Menschenrechte, so die Direktorin - etwa das Menschenrecht auf Wohnen, auf soziale Sicherung auf menschenwürdiges Leben. "Das alles sind Fragen, die hätten auch vertieft behandelt werden können."
Die Ergebnisse der heutigen Überprüfung fasst der UN-Menschenrechtsrat jetzt in schriftliche Empfehlungen an Deutschland zusammen. Diese muss die Bundesregierung prüfen und für jede einzelne entscheiden, ob sie sie umsetzt, oder lediglich zur Kenntnis nimmt.