Anhänger der georgischen Oppositionsparteien halten in Tiflis eine Kundgebung ab.

Verdacht auf Wahlfälschung Georgische Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungen ein

Stand: 30.10.2024 10:11 Uhr

Nach der Parlamentswahl in Georgien sprachen die Präsidentin und die Opposition von Betrug. Tausende Menschen demonstrierten in der Hauptstadt. Nun will die Staatsanwaltschaft den Verdacht auf Wahlfälschung untersuchen.

In Georgien hat die Staatsanwaltschaft nach der umstrittenen Parlamentswahl Ermittlungen wegen des Verdachts auf Wahlfälschung eingeleitet. Es geht dabei um die Prüfung der Vorwürfe, dass die pro-russische Regierungspartei Georgischer Traum nicht wie offiziell verkündet die Wahl gewonnen habe.

Die regierungskritische Präsidentin Salome Surabischwili sei für morgen zur Befragung einbestellt worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Es werde angenommen, dass die Staatschefin über "Beweise hinsichtlich möglicher Fälschung" verfüge.

Zweifel am offiziellen Ergebnis

Die Opposition wirft dem Regierungslager vor, ihr den Sieg bei der Parlamentswahl am Samstag "gestohlen" zu haben. Sie will aus Protest keine Abgeordneten in das neue Parlament entsenden. Auch westliche Wahlbeobachter wie etwa von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), des Europarats und des EU-Parlaments äußerten Zweifel am offiziellen Ergebnis.

Die Beobachter sprachen von erheblichen Unregelmäßigkeiten wie etwa einem Ausfüllen fremder Stimmzettel, Bestechung, Einschüchterung von Wählern und Gewalt in der Nähe von Wahllokalen - jedoch nicht von Wahlbetrug. Die Europäische Union und die USA forderten eine Untersuchung der Vorfälle und Transparenz.

Nach der Auszählung fast aller Stimmen hatte die Wahlkommission die Regierungspartei Georgischer Traum mit 53,9 Prozent der Stimmen zur Siegerin erklärt. Das pro-westliche Oppositionsbündnis kam demnach auf knapp 37,7 Prozent.

Massenproteste gegen die Regierung

Nach der Wahl nahmen Zehntausende Oppositionsanhänger an Protesten gegen das offizielle Wahlergebnis teil, auch Präsidentin Surabischwili beteiligte sich daran. "Man hat versucht, euch eure Zukunft wegzunehmen. Aber niemand hat das Recht, das zu tun, und wir werden es nicht zulassen," sagte Surabischwili bei der Kundgebung.

Die Wahlkommission kündigte daraufhin an, wegen der Manipulationsvorwürfe die Stimmen von etwa 14 Prozent der Wahllokale, die landesweit zufällig ausgesucht werden sollen, neu auszuzählen.

Richtungsweisende Wahl

Die Parlamentswahl galt als richtungsweisend für die ehemalige Sowjetrepublik. Die Regierungspartei, die seit 2012 an der Macht ist, hält zwar offiziell am Plan fest, Mitglied der Europäischen Union zu werden. Zugleich bemüht sie sich aber auch um eine Annäherung an Russland. Die Opposition und Surabischwili wollen dagegen das Kaukasus-Land in die EU führen und aus dem Einfluss Russlands lösen.

Das Oppositionsbündnis macht Russland mitverantwortlich für die mutmaßliche Wahlmanipulation. Surabischwili sprach von "Georgiens Unterwerfung unter Russland". Der Kreml hat jegliche Einmischung in die Parlamentswahl in Georgien bestritten.