Hitze in Süd- und Westeuropa Brände in London - Großschadenslage ausgerufen
Bei Bränden in und um London sind mehrere Häuser und Felder abgebrannt. Hunderte Feuerwehrleute waren bei mehr als 40 Grad im Einsatz, die Feuerwehr rief eine Notfallstufe aus. Dramatisch ist die Lage auch in anderen Ländern Süd- und Westeuropas.
Bei einem Großbrand östlich von London sind mehrere Häuser und Felder zerstört worden. Rund 100 Feuerwehrleute hätten im kleinen Ort Wellington gegen die Flammen gekämpft, berichtete die Londoner Feuerwehr auf Twitter. Aus weiteren Vororten wurden Grasbrände gemeldet.
Angesichts mehrerer Feuer in und um London hatte die Feuerwehr den Großschadensfall ausgerufen. Zwar hätten noch alle Einsätze abgedeckt werden können, hieß es. Die Notfallstufe auszurufen helfe aber, mehr Kräfte einzusetzen und besser zu fokussieren. Die Feuerwehr bat darum, nur in Notfällen anzurufen und keine Lagerfeuer oder Grills zu nutzen sowie Zigaretten sicher zu entsorgen. Londons Bürgermeister Sadiq Khan hatte getwittert, die Feuerwehr sei unter immensem Druck.
In Großbritannien wurden in der aktuellen Hitzewelle erstmals örtlich über 40 Grad gemessen. Gegen Mittag waren es in London-Heathrow 40,2 Grad, im ostenglischen Coningsby 40,3 Grad Celsius. Bereits am Vormittag waren in Charlwood nahe London 39,1 Grad erreicht worden, teilte der britische Wetterdienst mit. Bislang hatte der Rekord dort bei 38,7 Grad gelegen, der 2019 erreicht worden war.
Durch die extremen Temperaturen ist der Bahnverkehr in Teilen des Landes lahmgelegt. Wie der Streckennetzbetreiber Network Rail mitteilte, wurde der Betrieb auf den Hauptbahntrassen entlang der englischen Ostküste und in die Midlands komplett eingestellt. Die Menschen wurden aufgerufen, ihre Reisepläne zu ändern.
Störungen auch an Flughäfen
Die extreme Hitze sorgte am Londoner Flughafen Luton bereits für erhebliche Störungen. Durch die hohen Temperaturen sei die Oberfläche des Rollfeldes beschädigt worden, teilte der Flughafen mit. Berichten zufolge mussten mehrere Flüge gestrichen oder umgeleitet werden.
Luftverschmutzung in Frankreich
In Frankreich verursachten Sonne und Hitze Luftverschmutzungen, sodass die Behörden Verkehrseinschränkungen anordneten. In der Region Grand Est im Osten des Landes müssen Autofahrer das Tempo auf Autobahnen und Straßen mit zwei Richtungsfahrbahnen um 20 km/h reduzieren.
Zuvor waren in Frankreich in mehreren Orten die höchsten Temperaturen seit Beginn der Messungen verzeichnet worden. In Brest an der bretonischen Atlantikküste stieg die Temperatur auf 39,3 Grad Celsius und übertraf damit den bisherigen Hitzerekord gleich um mehr als vier Grad. In Nantes wurden 40,3 Grad gemessen, hier stammte der bisherige Rekord von 40,3 Grad aus dem Jahr 1949.
Festnahme wegen Verdachts der Brandstiftung
Bei den Ermittlungen zu Waldbränden im südwestfranzösischen Département Gironde, die bereits fast 20.000 Hektar Wald zerstört haben, ist derweil ein Verdächtiger festgenommen worden. Die Ermittlungen zu dem Feuer in der Gemeinde Landiras hätten den Verdacht der Brandstiftung erhärtet, teilte die Staatsanwaltschaft von Bordeaux mit. Die Ermittlungen würden mit weiteren kriminaltechnischen Untersuchungen und der Befragung von Zeugen fortgesetzt.
Zeugen hatten laut Staatsanwaltschaft beobachtet, wie sich am Ort des Feuers ein Auto schnell entfernte. Laut den Ermittlern gab es am selben Tag in der Gegend weitere Feuer, außerdem drei weitere Ausbrüche in den folgenden Tagen. Seit Beginn der Brände vor etwa einer Woche haben in der Region bereits mehr als 34.000 Menschen ihre Häuser verlassen.
Hitzewelle verschiebt sich nach Osten
Bei dem zweiten Waldbrand in La Teste-de-Buch nahe Arcachon gehen die Behörden davon aus, dass das Feuer durch einen in Brand geratenen Lieferwagen ausgelöst wurde. Ein Altenheim musste geräumt werden.
Die Hitzewelle in Frankreich klingt im Westen des Landes nun voraussichtlich etwas ab. Der Wetterdienst Météo-France hob die höchste Hitzeearnstufe für 15 Départements an der Atlantikküste auf. Für 73 der 101 Départements in Frankreich gilt jedoch weiterhin die zweithöchste Warnstufe. Im Osten des Landes soll es bis zu 40 Grad heiß werden.
Niederlande: Streusalz um Straßen zu kühlen
Auch in Belgien und den Niederlanden erwarteten die Wetterdienste Höchsttemperaturen. In beiden Ländern gilt Code Orange. Menschen sollten körperliche Anstrengungen vermeiden, viel trinken und möglichst nicht in die Sonne gehen.
In den Niederlanden wird mittlerweile Streusalz eingesetzt, um Brücken und Straßen zu kühlen. Das Salz entziehe der Luft Feuchtigkeit, die die Straßen kühle - so sollen Schäden verhindert werden, hieß es etwa von der Kommune Hardenberg. In Amsterdam wurden die beweglichen Brücken über die Grachten mit Wasser gekühlt, damit sich der Stahl nicht zu sehr ausdehnt. Dann könnten die Brücken nicht mehr geöffnet werden, um Boote durchzulassen.
In Belgien ist die Kapazität der Atommeiler Doel 1 und Doel 2 bei Antwerpen wegen der Hitze um die Hälfte reduziert worden. Es bestehe die Gefahr, dass das Kühlwasser zu warm werde, teilte der Betreiber Engie mit, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete. Mit 36,4 Grad Celsius an der Wetterstation des Königlich Meteorologischen Instituts (KMI) in der Brüsseler Gemeinde Uccle - dem Referenzort für die Messungen - wurde der wärmste 19. Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnung 1892 registriert. Dies war die vierthöchste Temperatur, die überhaupt jemals in Belgien gemessen worden ist.
Warnungen vor hohen Ozon-Werten
Durch die Hitze steigt auch die Ozon-Konzentration in der Luft an. In Südeuropa - etwa Portugal, Spanien und Italien - sind laut dem EU-Klimawandeldienst Copernicus kürzlich bereits Werte von mehr als 200 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen worden. Das gilt als deutlich zu hoch für Menschen wie Umwelt. Copernicus warnte davor, dass die Werte auch in Nordwesteuropa in gesundheitsgefährdende Höhe steigen könnten.
Zu viel Ozon in der Atemluft kann Kopfschmerzen, Husten oder einen Tränenreiz hervorrufen. Bei körperlicher Anstrengung kann das Ozon auch tief in das Lungengewebe vordringen und dort Gewebe schädigen und Entzündungen hervorrufen.
Häuser in der Toskana wegen Waldbrandes evakuiert
In Italien sind die Feuerwehren in Alarmbereitschaft und kämpfen landesweit gegen Wald- und Buschbrände. Der Zivilschutz auf Sizilien sprach in einigen Gegenden die höchste Gefahrenstufe für Waldbrände aus. Wegen eines großen Waldbrandes an der italienisch-slowenischen Grenze haben die Behörden in Italien einen Autobahnabschnitt gesperrt und eine Zugverbindung unterbrochen. Nach Angaben des Zivilschutzes in Friaul-Julisch Venetien sei das Feuer am Dienstag bei Monfalcone, einer Adriastadt nördlich von Triest, ausgebrochen. Die Feuerwehr kämpfte aus der Luft und am Boden gegen die Flammen.
In Südtirol kämpften die Einsatzkräfte nahe Bozen unter anderem mit einem Löschhubschrauber gegen einen Waldbrand im Wandergebiet an der Guntschna Promenade. Am Nachmittag meldete die Feuerwehr, das Feuer sei unter Kontrolle gebracht worden. Einige Bewohner hätten aus Vorsicht ihre Häuser verlassen, berichtete Ansa.
In der Toskana brachte die italienische Feuerwehr wegen eines großen Waldbrandes mehrere Bewohnerinnen und Bewohner in Sicherheit. Das Feuer brach in der Gemeinde Massarosa nördlich von Pisa aus, wie die Feuerwehr mitteilte. Laut dem toskanischen Zivilschutz trieben Winde aus Nordosten die Flammen weiter an, sodass sie auch Wohnhäuser bedrohten. Aus diesen wurden rund 30 Menschen evakuiert. Die Behörden sperrten zwischenzeitlich immer wieder eine Verkehrsbrücke, die Lucca und Viareggio verbindet.
Brände auch in Spanien und Portugal
Auch in Teilen Spaniens und Portugals brennt es noch immer. Allein in Spanien sind von den Feuern seit der vergangenen Woche mindestens 60.000 Hektar Wald verwüstet worden - das entspricht etwa 80 Prozent der Fläche Hamburgs. "Das ist bezüglich Feuer der schlimmste Notfall seit es Aufzeichnungen gibt", sagte Zivilschutz-Direktor Leonardo Marcos dem Radiosender Cadena Ser.
Insgesamt gebe es sechs große Brandkomplexe im Land. Besonders schlimm war die Lage in Zamora nahe der Grenze zu Portugal und in Ávila nordwestlich von Madrid. In diesen zwei Provinzen, die beide in Kastilien und León liegen, mussten seit Sonntag insgesamt rund 10.000 Menschen aus etwa 50 Ortschaften vor den Flammen in Sicherheit gebracht werden. Allein in Zamora machten zwei Brände bereits 30.000 Hektar Wald dem Erdboden gleich. Es gab dort bereits zwei Todesopfer und mindestens 15 Verletzte.
Unzählige Häuser wurden in Zamora, Ávila und in ganz Spanien zerstört, und allein in Zamora ging die Zahl verendeter Tiere in die Tausende, wie die Regionalbehörden mitteilten. "Zamora wird zur Hölle", titelte die Digitalzeitung "Zamora News".
In Portugal sind noch drei größere Waldbrände aktiv, die von knapp 800 Einsatzkräften bekämpft werden. Mehrere Menschen starben bei Bränden oder durch Hitzeschläge. Laut Regierung ist ein Teil der Feuer auch auf Unachtsamkeit und vorsätzliche Brandstiftung zurückzuführen. Mehr als 50 Menschen seien in diesem Jahr bis Mitte Juli unter dem Verdacht festgenommen worden, für Feuerausbrüche im Wald verantwortlich zu sein, erklärte Innenminister José Luis Carneiro vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Kreta: Tausende Olivenbäume zerstört
Auf der griechischen Insel Kreta zerstörten schwere Brände südlich der Hafenstadt Rethymno große Flächen landwirtschaftlich genutzten Landes. Dies sagte der Bürgermeister der Region, Giannis Tatarakis, dem griechischen Nachrichtensender "Real FM". Bislang seien es mehr als 1850 Hektar. "Es handelt sich hauptsächlich um Olivenbäume. Die Brandgefahr bleibt wegen der Trockenheit und starker Winde im gesamten Süden Griechenlands sehr hoch, warnte der Zivilschutz.
Im Nordosten der Hauptstadt Athen hatten starke Winde ein kleines Feuer zu einem Großbrand angefacht. Die Lage sei "ernst", sagte der Regionalgouverneur Giorgos Patoulis im Radio. Der Zivilschutz ordnete die Evakuierung von neun Dörfern an.
Trotzdem herrschen in Griechenland derzeit relativ angenehme Temperaturen um die 30 Grad. Erst Ende der Woche soll es heißer werden, aber nur kurz. Die Hitze in Westeuropa werde wohl nicht in voller Stärke so weit nach Osten vordringen, sagte ein Meteorologe im staatlichen Rundfunk.