Streit um Geld für Ungarn EU-Parlament legt sich mit von der Leyen an
EU-Kommissionschefin von der Leyen steht unter Druck. Denn das Parlament wirft ihr vor, Ungarn für einen politischen Deal zu Unrecht Milliarden ausgezahlt zu haben. Muss sie sich bald vor Gericht verantworten?
Schon Tage vorher waberten die Gerüchte durch die Flure des Europaparlaments: Jetzt muss geprüft werden, ob die Entscheidung der EU-Kommission, die Gelder für Ungarn freizugeben, vor dem Europäischen Gerichtshof juristisch Bestand hat. Die Kommission habe sich auf einen schmutzigen Deal mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban eingelassen, so der Vorwurf des grünen Europaabgeordneten Daniel Freund.
Wir haben uns das fraktionsübergreifend auch noch einmal unabhängig in einem Rechtsgutachten analysieren lassen. Die Reformen, die Ungarn liefern müsste, die sind bisher nicht erfüllt. Also dürfen diese Gelder nicht freigegeben werden. Schon gar nicht, wenn Orban versucht, die ganze EU zu erpressen mit einem Veto gegen die Ukraine-Hilfen. Man darf sich von Autokraten nicht erpressen lassen und auch da brauchen wir ein klares Signal.
Der Rechtsausschuss des Europaparlaments soll jetzt die Klageschrift entwerfen. Nicht gegen Orban, sondern gegen die EU-Kommission. Ablauf und Ausgang des Verfahrens sind völlig offen.
Orbans Eklat um Ukraine-Beitritt
Orban hatte sich beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs im Dezember mit einer eigenwilligen Doppelstrategie im Streit um die Ukraine quergestellt. Es war ein Spektakel kurz vor Weihnachten, das in einem halben Eklat endete. Mit der Ukraine wurden zwar EU-Beitrittsverhandlungen beschlossen, aber zu einem hohen Preis. Orban verließ den Raum, als das entschieden wurde. Die EU-Geschlossenheit wurde damit durch einen Trick gewahrt.
Bundeskanzler Olaf Scholz war zufrieden: "Die Welt besteht daraus, dass man Konsense und Kompromisse formuliert. Und es geht ja." Auch der niederländische Premier Mark Rutte sprach von einem guten Schachzug.
"Paketgeschäfte ganz normal"
Doch dann ging das Europaparlament auf die Barrikaden. Stunden vor dem Gipfel habe die zuständige Kommission zehn Milliarden Euro für Ungarn locker gemacht, die wegen der ungarischen Nichtkooperation in Sachen Rechtsstaatlichkeit eigentlich zurückbehalten worden waren. Nun sei das Geld plötzlich da, damit Orban auf ein Veto verzichte, hieß es.
Für Matthias Dambinski vom Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung ist es aber inzwischen fast ganz normal geworden: "Dass es immer wieder Blockaden gibt. Dass Dinge sich verzögern. Dass man Paketgeschäfte schnüren muss, um überhaupt Bewegung in dieses mühsame Entscheidungsverfahren hineinzubekommen." Das werde sich so schnell nicht ändern, mit oder ohne Orban. Und damit werde die EU zu leben lernen müssen.
Ob Viktor Orban mit den zehn Milliarden Fördergeldern für Ungarn leben darf oder ob er das Geld zurückgeben muss, ist völlig unklar. Neues Geld zu kommen, dürfte aber schwieriger werden.
Das Europaparlament will heute eine Resolution gegen Ungarn beschließen, und angedroht wird eine deutlich schärfere Gangart gegen den ungarischen Premier.