Großraum Paris Erneut Krawalle nach Trauermarsch für 17-Jährigen
Nach einem Trauermarsch für den getöteten 17-Jährigen ist es in dem Pariser Vorort Nanterre erneut zu Ausschreitungen gekommen. Landesweit sind 40.000 Polizisten im Einsatz. Frankreich droht die dritte Krawallnacht in Folge.
In Paris ist es erneut zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten gekommen. Im Pariser Vorort Nanterre wurden Beamte mit Molotow-Cocktails beworfen, die Polizei überwachte die Lage mit Hubschraubern und zog Spezialkräfte zusammen.
Zuvor hatte ein Trauermarsch in Gedenken des getöteten 17-Jährigen stattgefunden. Dessen Mutter, die zu dem Marsch aufgerufen hatte, saß auf einem Lieferwagen, der den Protest begleitete, und trug ein T-Shirt mit der Aufschrift "Gerechtigkeit für Nahel". Nach Angaben der Polizei nahmen rund 6200 Menschen teil. Sie hielten eine Schweigeminute ab.
"Du kriegst eine Kugel in den Kopf"
Am Dienstag hatte eine Motorradstreife den 17-Jährigen in Nanterre am Steuer eines Autos gestoppt. Als der junge Mann plötzlich anfuhr, fiel der tödliche Schuss aus der Dienstwaffe des Polizisten. In einem Video war zu sehen, wie der Polizist mit seiner Waffe auf den Fahrer zielt und aus nächster Nähe schießt, als das Auto plötzlich beschleunigt. Bei der Kontrolle war zuvor der Satz zu hören: "Du kriegst eine Kugel in den Kopf."
Staatsanwalt Pascal Prache sagte, die Beamten hätten versucht, den 17-Jährigen zu stoppen, weil er jung aussah und einen Mercedes mit polnischem Kennzeichen auf einer Busspur fuhr.
Der Jugendliche überfuhr zunächst eine rote Ampel, blieb dann aber in einem Stau stecken. Beide beteiligten Beamten sagten, sie hätten ihre Waffen gezogen, um ihn an der Flucht zu hindern. Der Polizist, der einen Schuss abgab, sagte laut Prache, er habe befürchtet, dass er und sein Kollege oder jemand anderes von dem Auto überfahren werden könnte.
Die Mutter des getöteten 17-jährigen sitzt auf einem Lastwagen während des Trauermarsches in Nanterre.
Ermittlungsverfahren wegen Totschlags
Gegen den Beamten wurde nun ein förmliches Ermittlungsverfahren wegen Totschlags eingeleitet, er kam in Untersuchungshaft. Der Einsatz der Waffe bei der Kontrolle sei nicht gerechtfertigt gewesen, hieß es von der Staatsanwaltschaft.
Der Tod des 17-jährigen Fahrers schürte die seit langem schwelenden Spannungen zwischen Jugendlichen und der Polizei in sozialen Wohnprojekten und anderen benachteiligten Vierteln in ganz Frankreich.
Nach dem Vorfall war es zwei Nächte in Folge in mehreren Städten des Landes zu massiven Protesten gegen Polizeigewalt und Aussschreitungen gekommen. Autos und Mülleimer brannten, mehrere Menschen wurden festgenommen. Bei den Krawallen waren Dutzende Polizisten verletzt und fast 100 öffentliche Gebäude beschädigt worden.
Bus- und Bahnverkehr im Großraum Paris eingestellt
Um eine dritte Nacht mit Krawallen zu verhindern, hatte Innenminister Gérald Darmanin den Einsatz von landesweit 40.000 Polizisten angekündigt. Der Straßenbahn- und Busverkehr im Großraum Paris wird aus Sicherheitsgründen ab 21 Uhr eingestellt. Im Pariser Viertel La Defence wurde die Eröffnung eines Festivals aus Sicherheitsgründen abgesagt.
Die Stadt Clamart südwestlich von Paris kündigte auf ihrer Website eine nächtliche Ausgangssperre an. Diese soll von Donnerstagabend bis Montag jeweils von 21 Uhr bis 6 Uhr morgens gelten.
"Diese Taten sind absolut nicht zu rechtfertigen", sagte Präsident Emmanuel Macron zu Beginn der Krisensitzung, in der es um die Sicherung von Brennpunkten und die Planung für die kommenden Tage ging. Macron sagte auch, es sei Zeit für Gedenken und Respekt.