Erste Regierungserklärung Meloni bekennt sich zu EU und NATO
Pro Ukraine, härtere Linie gegen Einwanderer, neue Familienpolitik: Italiens Ministerpräsidentin Meloni hat im Parlament ihre Regierungspolitik skizziert. Auch auf ihre politische Herkunft ging sie ein.
Als sich Giorgia Meloni in der Abgeordnetenkammer mit einigen Minuten Verspätung von ihrem Stuhl der Ministerpräsidentin erhob, um zu ihrer Regierungserklärung anzusetzen, war an ihrem linken Arm so etwas wie eine politische Grundsatzbotschaft zu sehen: ein großes Armband in den grün-weiß-roten Landesfarben - das Signal, dass Italien jetzt eine Regierungschefin bekommt, der nationale Identität wichtig ist.
An den Anfang ihrer rund 70-minütigen Rede stellte Meloni zunächst ein Bekenntnis zur NATO und zur Europäischen Union. Im Ukraine-Krieg, betonte die Führerin der Rechtsaußenpartei Brüder Italiens, werde Italien weiter an der Seite Kiews stehen: "Wer glaubt, die Freiheit der Ukraine gegen unsere Ruhe einzutauschen, dem sage ich: Der Erpressung Putins in Sachen Energie nachzugeben, würde das Problem nicht lösen". Es würde nur größer werden, weil es, so Meloni, "den Weg öffnet für weitere Forderungen und Erpressungen".
Meloni will in Brüssel für eigene Interessen kämpfen
Meloni machte aber auch deutlich, dass sie in der Europäische Union Veränderungen will. Die EU sei für sie das "gemeinsame Haus der europäischen Völker", in der es keine Länder erster und zweiter Klasse geben dürfe. Italien, kündigte die neue Ministerpräsidentin an, werde in Brüssel künftig härter für seine Interessen kämpfen: "Italien hat die Pflicht, mehr noch als das Recht, mit erhobenem Haupt in diesen internationalen Vereinigungen zu sitzen".
Dies solle in konstruktivem Geist erfolgen, sagte Meloni, "aber ohne Unterwürfigkeit oder Minderwertigkeitskomplexe, wie es meiner Meinung nach in der Vergangenheit geschehen ist". Konkret forderte sie in Europa ein Ende des Maastrichter Stabilitäts- und Wachstumspakts, in dem beispielsweise die Drei-Prozent-Defizitgrenze festgeschrieben ist.
Italiens Bürgergeld soll abgeschafft werden
Innenpolitisch versprach Meloni unter anderem Steuersenkungen für Unternehmen und Familien. Für die Wirtschaft kündigte die neue Ministerpräsidentin mehr Freiheiten an. Das Motto ihrer Regierung im Umgang mit Unternehmen würde lauten, "diejenigen nicht zu stören, die etwas machen wollen".
Raus aus der Verschuldung käme Italien nicht durch eine Austeritätspolitik des Verzichts, sondern durch Wirtschaftswachstum. Das von der Regierung Conte eingeführte Bürgergeld will Meloni abschaffen. Es habe dazu geführt, meinte die mit 45 Jahren drittjüngste Regierungschefin in der Geschichte Italiens, dass Menschen nicht arbeiteten, die mit ihrer Arbeit Italien hätten helfen können.
Härte gegen Einwanderer, Wende in der Familienpolitik
In der Migrationspolitik kündigte Meloni eine härtere Hand gegen Einwanderer an. Künftig würde die Linie gelten: "In Italien, wie in allen anderen ernsthaften Ländern, kommt man nicht illegal hinein". Ihre Regierung wolle dafür sorgen, dass die Abfahrten von Booten mit Migranten aus Nordafrika blockiert werden. Dies solle auf der Grundlage eines Abkommens zwischen der Europäischen Union und den nordafrikanischen Staaten erfolgen. Außerdem versprach Meloni einen harten Kampf gegen das "Krebsgeschwür Mafia".
Eine grundlegende Wende kündigte die ultrarechte Politikerin in der Familienpolitik an: Das Kinderkriegen solle gefördert werden. "Wir brauchen einen imposanten wirtschaftlichen, aber auch kulturellen Plan, um die Schönheit des Elternseins wiederzuentdecken und die Familie wieder ins Zentrum der Gesellschaft zu stellen", sagte Meloni.
Gleichzeitig versprach Meloni einen Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten für berufstätige Eltern. Das Recht auf Abtreibung, betonte Meloni, wolle sie nicht einschränken.
Nach Kritik: Meloni distanziert sich vom Faschismus
In einer eventuell neuen Covid-Pandemie, kündigte die neue Regierungschefin an, werde es nie wieder so harte Regeln in Italien geben wie in der Vergangenheit.
Meloni ging in ihrer Regierungserklärung auch auf die Kritik an ihrer politischen Herkunft aus der neofaschistischen Partei MSI ein. Sie bekannte sich zu den Werten von Freiheit und Demokratie und betonte: "Ich habe nie Sympathien oder Nähe empfunden in Bezug auf antidemokratische Regime. Für kein Regime, einschließlich des Faschismus".
Am Abend findet die Vertrauensabstimmung in der Abgeordnetenkammer statt. Eine Zustimmung für Meloni gilt als sicher, ihr Rechtsbündnis verfügt in beiden Parlamentskammern über eine absolute Mehrheit. Morgen muss sich Meloni dem Vertrauensvotum im Senat stellen. Danach kann Meloni, die gemäß der italienischen Verfassung vom Staatschef bereits als Ministerpräsidentin vereidigt ist, ihre Regierungsarbeit aufnehmen.