16-Jähriger Franzose gestorben Tödliche Attacke bei Dorffest wird zum Politikum
Der Fall bewegt Frankreich - auch politisch: Bei einem Dorffest wurde ein 16-Jähriger erstochen. Rechtsextreme behaupten: Das geschah, weil er weiß war - und randalierten. Nun verbot der Innenminister drei rechtsextreme Gruppen.
Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin hat ein Verbot von drei rechtsextremen Gruppen angekündigt. Dies entschied er wenige Tage, nachdem eine Gruppe von etwa hundert Rechtsextremen als "Racheaktion" nach dem Tod eines 16-Jährigen in Romans-sur-Isère aufmarschiert war. Mindestens ein Mitglied einer der nun verbotenen Gruppen soll an den Ausschreitungen in der südostfranzösischen Kleinstadt beteiligt gewesen sein.
Der 16-jährige Thomas war vor zehn Tagen bei einem Dorffest in dem 500-Einwohner-Ort Crépol in der Nähe von Romans-sur-Isère erstochen worden. Rechtsextreme hatten den Angriff als "antiweißen Rassismus" bezeichnet. Auch rechtsextreme Politiker wie Éric Zemmour schlossen sich dem an.
Behörden: Mutmaßlicher Täter ist Franzose
Laut der zuständigen Staatsanwaltschaft gibt es bislang "weder hinreichende noch juristisch entscheidende" Hinweise darauf, dass der Mord an Thomas eine Tat gegen Weiße war. Mehrere Tatbeteiligte wurden inzwischen festgenommen, darunter auch der 20 Jahre alte mutmaßliche Verantwortliche für den tödlichen Messerstich. Dieser habe die französische Nationalität, so die Behörden, die standardmäßig meist nichts zu Nationalität oder Migrationshintergrund von Verdächtigen sagen. Laut Medienberichten sollen alle Verdächtigen Männer mit Migrationshintergrund sein.
Die Rechtsextremen waren am vergangenen Samstag aus verschiedenen Teilen Frankreichs nach Romans-sur-Isère gereist. Sie waren mit Baseballschlägern und Eisenstangen bewaffnet in dem Viertel aufmarschiert, aus dem ein Teil der Männer kommen soll, die Thomas angegriffen haben sollen. Die Rechtsextremen skandierten ausländerfeindliche Parolen wie "Frankreich den Franzosen" oder "Die Straße und Frankreich gehören uns". Die Polizei nahm etwa 20 Teilnehmer des Aufmarsches fest.
Minister: "Eine Mobilisierung, die sich Bürgerkrieg wünscht"
"Im ultrarechten Lager gibt es eine Mobilisierung, die sich den Bürgerkrieg wünscht", sagte Minister Darmanin dazu in einem Radiointerview. Das Drama um Thomas dürfte nicht dazu führen, dass jemand meine, er dürfe anstelle des Staates für Gerechtigkeit sorgen.
Menschen während Thomas' Beerdigung: Laut Regierungssprecher Véran war die Tat "ein Drama, das das Risiko des Auseinanderbrechens der Gesellschaft" birgt.
Regierungssprecher: "Keine bloße Prügelei"
Präsident Emmanuel Macron hatte vergangenen Woche als Reaktion auf dem Tod von Thomas von einer "Gewalttat, die alle betroffen macht" gesprochen. Premierministerin Élisabeth Borne erklärte am Mittwoch am Rande einer Anhörung im Senat: "Jetzt ist von uns allen Anstand und Zurückhaltung gefordert. Diese schreckliche Tat zu nutzen, um Ängste zu schüren, ist unwürdig und zeugt von mangelndem Respekt für die Opfer."
Regierungssprecher Olivier Véran war gestern nach Crépol gereist, um den Angehörigen von Thomas und Einwohnern des Ortes sein Mitgefühl auszusprechen. Véran zeigte überzeugt, dass es "keine bloße Prügelei am Ende eines Dorffestes" war. Vielmehr sei es "ein Drama, das das Risiko des Auseinanderbrechens der Gesellschaft" berge. "Sie haben die Nase voll von gewalttätigen Banden - und wir auch", sagte er an die Einwohner gerichtet.
Mit Informationen von Julia Borutta, ARD Paris