Regierungsbildung gescheitert Nordirland steuert auf Neuwahl zu
Die Parteien in Nordirland finden keinen Konsens. Die Frist für die Regierungsbildung ist verstrichen. Alle Zeichen stehen nun auf Neuwahlen. Der Patt könnte die EU-Politik der britischen Regierung beeinflussen.
Es war die letzte Chance: Am Donnerstag saßen die gewählten Abgeordneten des nordirischen Parlaments noch einmal zusammen, um einen Parlamentspräsidenten zu wählen. Doch die pro-britische Democratic Unionist Party (DUP) verweigerte die Zustimmung. Damit ist klar: Die sechsmonatige Frist zur Bildung einer neuen Regierung ist abgelaufen.
Der Vorsitzende der DUP, Jeffrey Donaldson, rechtfertigte die Politik seiner Partei, keine Minister für eine gemeinsame Regierung zu nominieren, wie folgt: "Wir haben im Wahlkampf gesagt, wir nominieren niemanden - solange, bis die Grenzkontrollen zwischen Großbritannien und Nordirland aufgehoben werden."
DUP fordert Ende des Nordirland-Protokolls
Diese Grenzen im eigenen Land, im Vereinigten Königreich, müssten aufgehoben werden. Die DUP setzt die Regierung in London damit seit Monaten unter Druck und verlangt, das Nordirland-Protokoll zu kündigen.
Dieser Druck funktioniert nur deshalb, weil die fünf stärksten Parteien in Nordirland gemeinsam eine Regierung bilden müssen. So sieht es das Friedensabkommen von 1998 vor. So sollen alle Bevölkerungsgruppen in der Regierung vertreten werden. Eigentlich ein Mechanismus, um den Frieden zu sichern. Doch weil seit Monaten schon keine Regierung geformt werden kann, bleiben viele notwendige Beschlüsse liegen.
Sinn Fein stärkste Kraft bei Wahl im Mai
Michelle O'Neill, Fraktionsvorsitzende der Partei Sinn Fein im nordirischen Parlament, kritisierte die DUP: Die Menschen gingen zur Arbeit und wollten, dass die Politiker das Gleiche tun. Die meisten seien auch gekommen, um den Job zu machen, für den sie gewählt worden seien.
Sinn Fein war aus den Wahlen im Mai als stärkste Kraft hervorgegangen. Die Partei hat einen katholischen Hintergrund und setzt sich für den Zusammenschluss mit der Republik Irland ein. Zuvor war die DUP stärkste Kraft, die die Union mit Großbritannien erhalten möchte.
Naomi Long, Vorsitzende der Partei Alliance, sagte bereits, sie scheue den Wahlkampf nicht. Die Alliance-Partei setze sich dafür ein, die konfessionellen Grenzen in Nordirland zu überwinden. Im Mai erlangte die Partei sehr gute Ergebnisse.
Politische Beschlüsse liegen auf Eis
Die politisch verfahrende Situation in Nordirland setzt die britische Regierung unter Druck. Die ehemalige Premierministerin Liz Truss stand für einen harten Kurs in den Verhandlungen mit der Europäischen Union. Der neue Regierungschef Rishi Sunak könnte an dieser Stelle zurückhaltender agieren, um einen Handelskrieg mit der EU zu vermeiden. Denn der würde auch Großbritannien schaden - und das Vereinigte Königreich steht am Beginn einer Rezession.
Wie stark das politische Patt die Menschen in Nordirland trifft, zeigt ein Beispiel: In den Landesteilen England, Wales und Schottland ist längst geregelt, wie die Menschen eine Hilfe von 400 Pfund wegen der hohen Energiepreise erhalten sollen. In Nordirland stehen die entsprechenden Beschlüsse aus. Das Geld kann nicht ausgezahlt werden.