Anti-Asyl-Kampagne des Innenministers Österreich verstärkt Kampagne gegen Migration
Österreichs Innenminister Karner will mit einer Kampagne potenzielle Migranten abschrecken und Schlepperei bekämpfen. Das Asylwesen sei, so Karner, fast an der Belastungsgrenze. Kritik kommt vom Koalitionspartner.
ÖVP-Innenminister Gerhard Karner lässt seit Tagen kaum eine Gelegenheit aus um davor zu warnen, dass das Asylsystem bald überlastet sein könnte. So auch unter der Woche im ORF: "Wir haben Rekordzahlen bei den Asylanträgen. 42.000 waren es 2022 bis Ende Juli. Das sind mehr als im gesamten letzten Jahr insgesamt."
Onlinekampagne vorgestellt
Deshalb hat Karners Ministerium eine Onlinekampagne vorgestellt. Sie soll potenzielle Asylwerberinnen und Asylwerber davon abhalten, sich auf den Weg Richtung Europa zu machen. Die Kampagne wird vor allem auf Facebook, Instagram und in Google Ads in acht Ländern gefahren. Der Schwerpunkt liegt auf Marokko, Tunesien und Indien.
"Ein Rad, das gedreht werden muss, ist auch, dass wir potenzielle Migranten in den Herkunftsländern entsprechend informieren. Hier dürfen wir die Deutungshoheit nicht den Schleppern überlassen. Ich bin überzeugt, dass das hundertprozentig richtig ist."
"Du kannst nicht bleiben"
Auf Bildern wird etwa ein Grenzsoldat mit einem Schäferhund gezeigt, der vor einem Grenzzaun mit Stacheldraht steht, darunter der Schriftzug "There is no way". Auf anderen Bildern ist in verschiedenen Sprachen zu lesen: "Du kannst nicht bleiben" oder "Du wirst scheitern".
Die Wiener Migrationsforscherin Judith Kohlenberger kritisiert: "Es gibt keinerlei Evidenz für den Erfolg solcher Infokampagnen."
Die Idee einer Anti-Asyl-Kampagne ist in Österreich nämlich nicht neu. Schon im März 2016 wurde eine vorgestellt. Ein wichtiger Faktor ist das Geld: 260.000 Euro kostet die Online-Abschreckung dieses Mal: "Da muss man sich nur vergegenwärtigen, dass man für dieses Geld zahlreiche afghanische Frauen und Mädchen aufnehmen und ihnen Bildungszugang hier gewährleisten könnte", so Kohlenberger.
Kritik auch vom Koalitionspartner
Nicht nur Forschende sehen die Kampagne skeptisch. Kritik kommt auch vom Koalitionspartner. Etwa von der Grünen Ewa Ernst-Dziedzic: "Wir müssen legale Fluchtwege schaffen. Das haben die Grünen und die Volkspartei auch so im Regierungsprogramm vereinbart, und Menschen die Möglichkeit geben, auch ein Arbeitsvisum zu beantragen."
Denn Europa braucht Arbeitskräfte, sagt die Grünen-Abgeordnete:
Wir haben einen Arbeitskräftemangel in Europa. Das heißt, hier Kooperationen mit den Ländern einzugehen, wo eben Menschen sich auf den Weg machen wollen, halte ich für zielführender als diese inhumane Situation an unseren Außengrenzen zu schaffen und hier mit propagandistischer Abschreckungspolitik Online-Kampagnen zu schalten, die aus meiner Sicht wenig bringen werden.
Viele der Menschen, die nach Österreich kommen, ziehen weiter und bleiben gar nicht, sagt Ernst-Dziedzic. Außerdem müsse jeder Asylantrag geprüft werden, das sei ein Menschenrecht.
Innenminister Karner von der ÖVP entgegnet: "Wir müssen doch verhindern, dass sich Menschen über das Mittelmeer auf den Weg machen, drohen zu ertrinken oder sich in Lkw hineinpferchen und drohen dabei zu ersticken.“
Grünen-Politikerin: Online-Kampagne nicht der richtige Weg
Menschen von einer gefährlichen Flucht abzuhalten, ist ein legitimes Ziel, sagt die Grünen-Politikerin Ernst-Dziedzic. Allerdings sei die Online-Kampagne des Innenministeriums nicht der richtige Weg. Besser sei es, so Ernst-Dziedzic: "Wenn die Menschen eben mit Flüchtlingen und Migranten und Migrantinnen aus den eigenen Ländern in Kontakt sind, die ihnen von diesem sehr oft lebensgefährlichen Weg erzählen und ihnen dann eben empfehlen sich beispielsweise auf diesen nicht zu machen.“
Wieder einmal zeigt sich, dass in Einwanderungsfragen zwischen türkiser ÖVP und den Grünen Welten liegen.