Coronavirus Warum PCR-Tests in Österreich billiger sind
In Österreich kostet ein PCR-Test in der Regel nur sechs Euro. In Deutschland war der Preis für den "Goldstandard" teils schon zehnmal so hoch. Das Interesse am österreichischen Modell war bislang aber gering.
Schon vor einem Jahr haben sie sich in Österreich gewundert, warum die PCR-Tests in Deutschland so teuer sind - oder so teuer abgerechnet werden. Sechs Euro pro Corona-Test, das war und ist der Preis in Österreich für den PCR-"Goldstandard", wie betont wird. 40 bis 60 Euro war der Preis in Deutschland dafür.
Michael Havel, der Geschäftsführer der Lifebrain-Gruppe, dem in Wien führenden Labor, formulierte schon vor einem Jahr seinen brancheninternen Verdacht. Es gebe viele Partikularinteressen, niedergelassene Labors in Deutschland würden zwischen 50 bis 70 Euro für einen PCR-Test verlangen. "Natürlich haben die kein Interesse daran zu sagen, man kann das besser und günstiger machen", sagte er.
Die Methoden von Lifebrain-Chef Havel wurden scharf angegriffen. Allen voran von der ALM, dem Verein der Akkreditierten Labore in der Medizin, also: der deutschen Laborlobby. Sie hielten dem Wiener Labor vor, es würde falsch zählen, außerdem wären die Tests weniger wert. Sogar der damalige Sprecher des deutschen Gesundheitsministeriums nutzte das abfällige Etikett vom "Lolli-Test", nahm dies aber später zurück. Dabei zeigen Recherchen von WDR, NDR und SZ nun, dass Staat und Krankenkassen bei den Tests wohl Milliarden hätten sparen können.
Österreich hat das PCR-Testen vereinfacht
Was haben sie in Österreich besser gemacht? Antwort: Sie haben das PCR-Testen vereinfacht, digitalisiert und besser organisiert. Ohne Abstriche bei der Qualität der Tests, wie Angela Hengsberger von Lead Horizon damals klarstellte. Lead Horizon ist Test-Hersteller, kommt aus dem Innovationsmanagement, liefert Know How und die Test-Kits, die das Lifebrain-Labor dann auswertet. "Es ist tatsächlich ein richtiger PCR-Test, der im Labor durchgeführt wird", erklärte sie. Das Einzige, was ihn von einem gewöhnlichen PCR-Test unterscheide, sei die Probenentnahme zu Hause.
Das heißt: Keine Ärztin, kein Apotheker, keine teure medizinische Fachkraft muss zuschauen, wie man gurgelt und in ein Röhrchen spuckt. Das erledigt das Smartphone, man muss nur ein Video aufzeichnen. Alles andere läuft digital ab, die Daten werden ausreichend geschützt. Spart schon mal den Aufwand für einen Testtermin. Dann: Speichelprobe ab in die Box beim nächsten Drogeriemarkt. Und - zweimal am Tag - ab ins Lifebrain-Labor.
Großlabor setzt auf billige Hilfskräfte
Das Großlabor hat früh Testroboter aufgekauft und arbeitet mit billigen Hilfskräften bei allem, wo kein medizinisches Wissen verlangt wird. Sei es das Einsammeln der Proben oder das Aufreißen der Verpackungen.
Getestet wird dann im "Pool" - immer zehn Proben auf einmal. Sind alle negativ, ist der Fall erledigt. Wird das Virus nachgewiesen, wird jede Probe einzeln mehrfach nachgetestet. So haben sie den Preis je Test von anfangs 129 Euro auf sechs Euro gedrückt, bezahlt von der Stadt Wien. So wurden die Wiener gefühlte "Corona-Testweltmeister".
Kein Interesse am österreichischen Modell
Machen wir in Deutschland auch so, ließ die deutsche Laborlobby ALM damals verlauten. Deutsche Labore würden nur nicht jeden Test einzeln zählen, sondern den Zehner-Pool als einen. Für nur 35 Euro. Deutschland wäre so gesehen billiger, hieß es damals.
In Österreich aber zweifelte man daran und wollte es wissen: Im Angebot war der Export des österreichischen Modells nach Deutschland. "Wir haben natürlich mit dem Robert Koch-Institut, beziehungsweise auch mit dem Gesundheitsministerium Kontakt aufgenommen", sagte Angela Hengsberger von Lead Horizon vor einem Jahr. "Aber der Status bislang war eben: Nein, ist nicht interessant für uns."
Nachgefragt bei Hengsberger im Januar 2023: Was ist draus geworden? Ergebnis: Sie haben aus Deutschland seitdem nichts mehr gehört.