Pistorius zur NATO-Perspektive der Ukraine "Voraussetzungen müssen nun mal erfüllt sein"
Verteidigungsminister Pistorius hat in den tagesthemen die von der NATO aufgestellten Bedingungen für eine ukrainische Mitgliedschaft verteidigt. Auch Frieden und geklärte Grenzfragen gehörten dazu - sonst drohe der Bündnisfall.
Verteidigungsminister Boris Pistorius hat die von der NATO formulierten Voraussetzungen zur Mitgliedschaft der Ukraine verteidigt und Kritik von Präsident Wolodymyr Selenskyj zurückgewiesen. "Alle sagen, die Zukunft der Ukraine liegt in der NATO, sobald der Krieg vorbei ist", sagte Pistorius im Interview mit den tagesthemen. Die Ukraine habe eine Zusage für die NATO-Mitgliedschaft - und das sei auch Selenskyj klar.
Pistorius verteidigt Bedingungen
Die aufgestellten Bedingungen seien völlig normal, erklärte Pistorius. Dazu zähle die "Interoperabilität bei den Systemen", dass also die ukrainischen Waffensysteme mit denen der restlichen NATO-Staaten gemeinsam eingesetzt werden können, Fragen der Regierungsführung und der demokratischen Kontrolle der Streitkräfte.
"All das sind normale Standards bei allen NATO-Mitgliedsstaaten", sagte Pistorius. Das sei alles "kein Hexenwerk", sondern könne auch sehr schnell gehen. "Ich verstehe den Unmut und die Ungeduld. Gerade in der Situation, in der die Ukraine ist, habe ich vollste Sympathie dafür."
Sorge vor dem Bündnisfall
Zum strategischen Dilemma, dass Russland vor diesem Hintergrund versuchen könnte, die Ukraine fortgesetzt mit Drohnen anzugreifen, um so deren NATO-Beitritt zu verhindern, sagte Pistorius: "Erstens sehe ich das nicht, dass die Ukraine dann nicht in die NATO kommt. Und zum Zweiten müssen nun mal Voraussetzungen erfüllt sein. Jede Mitgliedschaft, bevor die Grenzfragen geklärt sind und es einen Frieden gibt, würde dazu führen, dass der Bündnisfall quasi sofort ausgelöst werden könnte durch irgendeine Aktion."
Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels ab 2028 noch offen
Auch zur Frage der künftigen Finanzierung der Bundeswehr äußerte sich Pistorius. Im kommenden Jahr wird Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erreichen - allerdings nur wegen des 100-Milliarden-Sondervermögens. Das werde bis 2027 oder vielleicht auch 2028 reichen, sagte Pistorius. "Danach klafft dann eine Lücke: Die muss geschlossen werden, wenn man das Zwei-Prozent-Ziel erfüllen will und dazu haben sich alle bekannt." Über das "Wie" müsse sich in den kommenden Jahren Gedanken gemacht werden.
Pistorius ließ durchblicken, dass dabei aus seiner Sicht auch die Schuldenbremse nicht unantastbar sein dürfe. "Wer die Verteidigungsfähigkeit will, wer die zwei Prozent erreichen will, wer die Bündnisverpflichtung erfüllen will, wer will, dass die Ostflanke den gleichen Schutz genießt, wie wir das bis '89 im Kalten Krieg getan haben - der muss sich am Ende auch bekennen, wie er das bewerkstelligen will", sagte er. Ob das unter Einhaltung der Schuldenbremse oder anders gehen soll, sei eine Frage der politischen Prioritäten.