Nach Regierungswechsel EU-Kommission will Verfahren gegen Polen einstellen
Polen stand wegen mutmaßlicher Verstöße gegen europäische Werte jahrelang im Kreuzfeuer der Kritik und musste sogar den Entzug von EU-Stimmrechten fürchten. Nun zeigt der Regierungswechsel Wirkung.
Die EU-Kommission hat angekündigt, ein seit sechs Jahren laufendes Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Polen wegen mutmaßlicher Verstöße gegen europäische Werte beilegen zu wollen. Eine entsprechende formale Entscheidung soll getroffen werden, wenn die Mitgliedstaaten bei einem Ministertreffen am 21. Mai keine Einwände erheben. Damit werde für das EU-Mitglied ein neues Kapitel aufgeschlagen, schrieb Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Kurznachrichtendienst X.
Polen habe eine Reihe von Maßnahmen erlassen, um auf die Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz einzugehen, begründete die Europäische Union den Schritt. So erkenne das Land nun den Vorrang von EU-Recht an und habe zugesagt, Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umzusetzen.
Kurswechsel durch Tusk-Regierung
Bereits im Februar hatte die EU mit der Freigabe von mehreren Milliarden Euro für Polen begonnen, die sie wegen des Streits eingefroren hatte. Der Kursschwenk wurde durch den Regierungswechsel in Warschau im vergangenen Jahr möglich. Der neue Ministerpräsident Donald Tusk, der selbst jahrelang Präsident des Europäischen Rates in Brüssel war, hatte versprochen, Polen wieder auf einen EU-freundlichen Pfad zurückzuführen und die Unabhängigkeit der Justiz wiederherzustellen.
Die Vorgängerregierung unter der nationalkonservativen PiS-Partei hatte einen tiefgreifenden Umbau des Justizwesens in die Wege geleitet. Kritiker sahen darin eine Beschädigung der Demokratie und warnten vor einer politischen Einflussnahme auf Gerichte. Die EU drohte daraufhin damit, die EU-Wahlrechte des Landes auszusetzen und ihm den Zugang zu EU-Geldern zu blockieren. Die EU-Kommission leitete schließlich das Verfahren ein, das nun eingestellt werden soll.
Justizminister dankt von der Leyen
Der polnische Justizminister Adam Bodnar begrüßte die Entscheidung in Brüssel. Er bedankte sich bei von der Leyen für die Zusammenarbeit und die Unterstützung. Polen fühle sich den gemeinsamen europäischen Werten verpflichtet und werde die Rechtsstaatlichkeit konsequent wiederherstellen.