Umstrittenes Gesetz in Polen Eine Kommission gegen die Opposition?
Polens Präsident Duda hat ein Gesetz zu russischer Einflussnahme unterzeichnet. Kritiker glauben, es ziele auf Oppositionsführer Tusk ab. Politische Gegner der Regierung könnten künftig ohne Gerichtsbeschluss von Ämtern ausgeschlossen werden.
In Polen hat Präsident Andrzej Duda ein umstrittenes Gesetz unterzeichnet, das die Einsetzung einer Untersuchungskommission zu möglicher Einflussnahme Russlands vorsieht. Nach Ansicht von Kritikern soll es dazu dienen, Gegner der Regierungspartei PiS aus der Politik fernzuhalten. Politikerinnen und Politiker könnten damit künftig ohne Gerichtsbeschluss von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen werden.
Die Kommission soll laut Entwurf für die Zeit ab 2007 - nachdem die heute regierende PiS abgewählt wurde - ermitteln, ob es russische Einflüsse auf die polnische Politik gab. Dazu gehört beispielsweise der Abschluss von Verträgen, die russischen Einfluss begünstigen könnten, und die Weitergabe relevanter Informationen an Dritte. Gegebenenfalls Verantwortliche können dann de facto politisch kaltgestellt werden - ohne Gerichtsverfahren, ohne Berufungsmöglichkeit und ohne Rechtfertigungspflicht gegenüber Dritten.
Opposition spricht von "Lex Tusk"
Kritiker werfen der nationalkonservativen Regierung vor, sie ziele mit dem Gesetz wenige Monate vor der Wahl vor allem auf eine Diskreditierung des Oppositionsführers Donald Tusk ab - die Opposition spricht gar von einem "Lex Tusk". Der ehemalige Regierungschef ist der einzige ernstzunehmende Gegner der PiS. Die Regierungspartei wirft ihm vor, er sei als Ministerpräsident von 2007 bis 2014 zu nachgiebig gegenüber Russland gewesen. Er habe Gas-Geschäfte vereinbart, die Russland Vorteile verschafft hätten.
Das Gesetz wäre auch geeignet, andere politische Gegner der Regierungspartei von Wahlen auszuschließen. Unter anderem soll die Kommission Funktionsträger für eine Dauer von bis zu zehn Jahren von der Übernahme eines Amts sperren können, wenn dieses Amt auch die Kontrolle über öffentliche Gelder beinhaltet. Einzelne Kommentare in polnischen Medien sprechen bereits vom Beginn einer Diktatur.
Experten zufolge verstößt das Gesetz gegen die Verfassung. Die Opposition hatte Duda aufgefordert, es abzulehnen. Der Präsident begründete die Unterzeichnung nun damit, dass auch in den USA und in einigen anderen Ländern in Europa über den Einfluss Russlands auf die Politik diskutiert werde.
Opposition spricht von "Schande"
Vertreter der Opposition nannten das Gesetz eine "Schande". Tusk reagierte mit Ironie. "Herr Präsident, ich lade Sie zu einer öffentlichen Beratung am 4. Juni ein. Wir werden von den Fenstern Ihres Palastes aus gut zu hören und zu sehen sein. Kommen Sie?", schrieb er auf Twitter. Für den 4. Juni hat seine Partei Bürgerplattform in Warschau zu einer Demonstration gegen die Politik der PiS aufgerufen.
Duda selbst sagte, russischer Einfluss habe zu vielen Turbulenzen geführt, deren Ergebnis unter anderem der Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Energieprobleme in Europa seien. "Es gibt deshalb keinerlei Zweifel, dass das aufgeklärt werden muss." Gleichzeitig werde er das Verfassungsgericht mit einer Prüfung des Gesetzes beauftragen.
Die neue Kommission soll sich aus neun Personen zusammensetzen, die vom Unterhaus des polnischen Parlaments, dem Sejm, ernannt werden. Dort hat die PiS die Mehrheit.
Mit Informationen von Martin Adam, ARD-Studio Warschau