Referendum angesetzt Polen lässt über EU-Asylkompromiss abstimmen
Polens Regierungspartei PiS hat sich durchgesetzt: Eine Mehrheit im Parlament segnete ihren Plan ab, am Wahltag im Herbst eine Volksabstimmung zum EU-Asylkompromiss abzuhalten. Die Opposition spricht von Trickserei und Manipulation.
Polen wird parallel zur Parlamentswahl am 15. Oktober ein Referendum über den EU-Asylkompromiss und drei weitere Themen abhalten. Einen entsprechenden Entschluss verabschiedete das Parlament mit 234 von 451 Stimmen. Die Teilnahme ist nicht verpflichtend.
Nach dem Vorschlag der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) enthält das Referendum vier Fragen.
Eine davon bezieht sich auf den EU-Asylkompromiss und die verpflichtende Aufnahme von Flüchtlingen. Konkret soll sie lauten: "Unterstützen Sie die Aufnahme von Tausenden illegalen Einwanderern aus dem Nahen Osten und Afrika nach dem von der europäischen Bürokratie auferlegten Mechanismus der verpflichtenden Aufnahme?" Der Ausgang des Referendums hat keinen Einfluss auf den Entscheidungsprozess innerhalb der EU.
Fragen sind suggestiv formuliert
Bei der Vorstellung der Referendumsfragen im Parlament kritisierte Bildungsminister Przemyslaw Czarnek die aus seiner Sicht "absurde Migrationspolitik" Deutschlands. Er verglich Kriminalitätsstatistiken aus westeuropäischen Ländern mit denen aus Polen. "Sie wollen, dass Frauen in Polen vergewaltigt werden wie in Frankreich, Belgien oder Deutschland. Die Polen werden dazu 'Nein' sagen", rief er in Richtung Opposition.
Die anderen Fragen in der geplanten Volksabstimmung beziehen sich auf die Privatisierung staatlicher Unternehmen, die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters und die Befestigung an der Grenze zu Belarus. Alle Fragen sind suggestiv formuliert und lassen eigentlich nur die Antwort "Nein" zu.
So lautet die Frage zur Privatisierung: "Unterstützen Sie den Verkauf von Staatsvermögen an ausländische Unternehmen, der zum Verlust der Kontrolle von Polinnen und Polen über strategische Wirtschaftsbereiche führt?"
Vorwurf der Manipulation
Die Fragen seien "grenzenlos dumm, tendenziös, ideologisiert und europafeindlich", kritisierte die Abgeordnete Joanna Senyszyn von der Demokratischen Linken. Es gehe der PiS nicht um die Meinung der Bürger. "Sie wollen mit Mitteln aus dem Staatshaushalt, die für das Referendum ausgegeben werden, illegal Ihren Wahlkampf finanzieren."
Parteichef Wladyslaw Kosiniak-Kamysz von der Bauernpartei PSL warf der PiS vor, sie wolle mit dem Referendum die Parlamentswahl manipulieren.
Regierungspartei PiS steht unter Druck
Kritiker bezeichneten das Referendum als einen Wahlkampftrick der Regierungspartei PiS, mit dem die Opposition diskreditiert werden solle. Die Fragen zielen demnach auf die wichtigste Oppositionspartei, die Bürgerplattform (PO), und ihren Vorsitzenden Donald Tusk ab und versuchen, sie als Bedrohung für die Interessen der Polen darzustellen.
Die wirtschafts- und EU-freundliche Bürgerplattform, die von 2007 bis 2015 das Land regierte, hob während ihrer Regierungszeit das Renteneintrittsalter an, befürwortete einige Privatisierungen und signalisierte Bereitschaft, mehrere Tausend Flüchtlinge aufzunehmen, bevor sie abgewählt wurde.
Die seit 2015 regierende PiS war zuletzt wegen hoher Inflation, eines strengen Abtreibungsrechts und diverser Skandale um Vetternwirtschaft unter Druck geraten. Vor diesem Hintergrund brachte Parteichef Jaroslaw Kaczynski im Juni die Idee eines Referendums parallel zur Parlamentswahl ins Spiel.