Nach der Niederlage der PiS Was passiert mit den polnischen Staatsmedien?
Die rechtsnationale PiS-Partei baute ab 2015 Polens Medienlandschaft um und verhinderte kritische Berichterstattung. Jetzt verlor die Partei die Wahlen - und in Polen läuft eine Debatte, wie der Umbau wieder rückgängig gemacht werden kann.
Jerzy Sosnowski erinnert sich gut an den Tag, als er bei Polskie Radio rausgeworfen wurde. Sosnowski ist eine bekannte Stimme in den polnischen Medien. Jahrelang moderierte er bei "Trójka", dem dritten Programm im öffentlich-rechtlichen Polskie Radio, Kultursendungen.
Bis zum 17. März 2016, als ihm gekündigt wurde - das sei plötzlich gewesen, aber nicht überraschend, sagt er: "Ich gebe zu, dass ich diese Kündigung fast mit Erleichterung entgegengenommen habe. Dass ich rausgeworfen werde, war klar, und ich wollte es lieber hinter mir haben. Umso mehr, als ich unter einem dermaßen idiotischen Vorwand rausgeworfen wurde, dass es rechtlich wirklich kurios war."
Sosnowski hatte gewagt, Polskie Radio und seine Vorgesetzten zu kritisieren. Er ist einer von sehr vielen, die nach dem Machtantritt der rechtspopulistischen PiS-Partei 2015 die öffentlichen Senderfamilien TVP und Polskie Radio und auch die polnische Nachrichtenagentur PAP verlassen mussten.
Entlassene Redakteure, Hetze gegen die Opposition
Die Redaktionen wurden umbesetzt, fortan wurde kaum noch Kritik an der PiS gesendet. Dafür aber regelrechte Hetzkampagnen gegen die Opposition. Jetzt aber hat die PiS die Wahlen verloren und Oppositionskandidat Donald Tusk hat während des Wahlkampfs versprochen, die Sender würden bald wieder ausgewogen berichten: "Nach den gewonnen Wahlen und der Regierungsbildung werden wir genau 24 Stunden brauchen, 24 Stunden, damit das PiS-Regierungsfernsehen wieder öffentliches Fernsehen wird. Nehmt mich beim Wort", hatte Tusk gesagt. Details werde er noch nicht verraten, sagte Tusk Ende September, aber es gebe einen Plan.
Es muss ein guter sein, denn die PiS hat in den vergangenen acht Jahren die Sender grundlegend und langfristig umgestaltet: Etliche Journalisten wurden ausgetauscht. Über die Leitung der Sender bestimmt jetzt der "Rat für nationale Medien", ein neues Aufsichtsgremium, das die PiS geschaffen hat und in dem ihre eigenen Kandidaten die Mehrheit haben.
Ihre Amtszeit läuft noch fünf Jahre. Die Regeln ließen sich per Gesetz ändern, aber nicht gegen den Willen von Präsident Andrzej Duda. Und der ist bisher ein loyaler PiS-Anhänger.
Sollten TVP und Polskie Radio aber weiter auf PiS-Linie berichten, ohne dass andere Politiker zur Wort kommen, sagt der Chefredakteur des politischen Wochenmagazins "Polityka", Jerzy Baczyński, dann werde die neue Regierung kaum eine Chance haben. "Das wird politisch gefährlich. Wenn die neue Mehrheit, die neue Regierung, die gerade entsteht, keinen Zugang zu den Medien hat, also die ganze Zeit weiter angegriffen wird, dann wird das die politische Situation destabilisieren. Das wird den Wahlkampf in seiner brutalsten und schmutzigsten Form verlängern."
Sender unter Zwangsverwaltung?
Jetzt wird also spekuliert, was eine neue Regierung tun kann - unter Umgehung des PiS-nahen Präsidenten, der jedes Gesetz unterschreiben muss, aber vermutlich nicht wird. Möglicherweise könnte ein neuer Kulturminister als formeller Eigentümer, die Sender unter eine Art Zwangsverwaltung stellen, heißt es. Der "Rat für nationale Medien" könnte als Ganzes aufgelöst werden. Schließlich hatte das Verfassungsgericht noch 2016, bevor es selbst von der PiS gekapert wurde, geurteilt, der Medienrat sei verfassungswidrig.
Neuer PiS-naher Sender?
Für Sosnowski ist das alles nicht mehr so wichtig. Er arbeitet jetzt wie viele andere Polskie Radio-Kollegen im Exil für Radio Nowy Świat, ein privates abofinanziertes Onlineradio. Vor der Wahl habe die Redaktion beraten, was im Falle eines Regierungswechsels geschehen werde: "Wir sind alle zu dem Schluss gekommen, dass wir uns als Bürger sehr freuen würden. Aber wir denken nicht daran zurückzukehren. Man macht nicht kaputt, was gut funktioniert."
Und TVP? Auch drei Wochen nach der Wahl bleibt der Sender seiner PiS-Linie treu. Die künftige Regierung plane einen Angriff auf die Pressefreiheit, wird im Programm gewarnt. Der Sender hat jetzt eine Hotline für besorgte Zuschauer eingerichtet.
Für den Fall, dass Donald Tusk seine Ankündigung wahrmacht und TVP-Journalisten ihre Jobs verlieren, denkt PiS-Chef Jarosław Kaczyński bereits öffentlich über die Gründung eines neuen Senders nach, damit TVP-Journalisten auch in Zukunft - wie er sagt - "die Wahrheit sagen können".