Russland Ein bisschen Hoffnung für Safronow?
22 Jahre Straflager für einen Journalisten - das ist selbst für Russland ungewöhnlich. Iwan Safronow soll Staatsgeheimnisse verraten haben, doch der Prozess warf Fragen auf. Was erwartet er von der Berufung?
Freiheit für Iwan Safronow forderten seine früheren Kollegen lautstark, aber vergeblich im September - am Ende eines Prozesses, der bis heute viele Fragen aufwirft.
Verhandelt worden war hinter verschlossenen Türen. Nur zur knapp gehaltenen Urteilsverkündung wurde die Öffentlichkeit zugelassen. Das Urteil des Richters war selbst aus Sicht staatlicher russischer Agenturen eines der härtesten der vergangenen Jahre.
Das Gericht verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 22 Jahren in einem Straflager unter strengen Haftbedingungen, einer Geldstrafe von 500.000 Rubel und einer Freiheitsbeschränkung von zusätzlich zwei Jahren - und zwar wegen Hochverrats.
Ein Urteil ohne Beweise?
Der frühere Journalist und spätere Berater des Chefs der russischen Weltraumbehörde Roskosmos soll Staatsgeheimnisse an westliche Nachrichtendienste weitergegeben haben.
Beweise sei die Staatsanwaltschaft bis zuletzt schuldig geblieben, erklärten die Anwälte Safronows, von denen sich drei im Laufe des Prozesses selbst mit Ermittlungsverfahren konfrontiert sahen. Für den Anwalt Dmitrij Katschew steht fest, dass Safronow "für seine journalistische Tätigkeit" verurteilt wurde.
Kein Zugang zu Staatsgeheimnissen
Diese Annahme hatte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow nach Safronows Festnahme vor zweieinhalb Jahren dementiert. Die Chefetage von Roskosmos betonte dagegen mit Nachdruck, dass Safronow keinerlei Zugang zu Staatsgeheimnissen gehabt habe.
Wie er dort überhaupt als Chefberater habe anheuern können, wenn er doch zu diesem Zeitpunkt unter dem Verdacht gestanden habe, im Militärbereich zu spionieren, das fragte sich damals nicht nur Nikita Mogutin, Mitbegründer des russischen Nachrichtenportals Baza:
Ihn interessiere, wie Safronow den Posten als Berater des Chefs von Roskosmos bekommen habe, sagte Mogutin - "dort werden doch alle auf Herz und Nieren überprüft".
Brisante Recherchen
Viele von Safronows früheren Kolleginnen und Kollegen gehen weiter davon aus, dass der Prozess etwas mit seinen investigativen Recherchen zu tun hat, die auch schon vor den jüngsten Gesetzesverschärfungen heikel waren.
Denn Safronow schrieb über Unglücksfälle beim russischen Militär und über brisante Rüstungsdeals, auch über einen umstrittenen Verkauf russischer Kampfjets an Ägypten. Nach eigenen Angaben nutzte er dabei ausschließlich öffentlich zugängliche Quellen.
Ein Paragraph mit Spielraum
Das Problem sei, dass der Paragraph über Hochverrat und Spionage so schwammig formuliert sei, das er viel Spielraum lasse, so die Politologin Ekaterina Schulman zu Beginn des Prozesses im Sender Echo Moskvy,
So müsse man zum Beispiel keinen Zugang zu Staatsgeheimnissen haben, um Verrat zu begehen - es reiche aus, wenn man etwas erfahre, das aus Sicht des Staates für die nationale Sicherheit von Belang sei, und diese Information weitergebe.
Safronow macht sich wenig Hoffnungen
Für Safronow, der einen Deal mit der Staatsanwaltschaft abgelehnt hatte, ist und bleibt das Urteil nicht nur gesetzwidrig, sondern auch absolut unbegründet. Schließlich habe er lediglich sauber journalistisch gearbeitet.
Er forderte das Berufungsgericht in einem Brief auf, den Fall neu aufzurollen. Illusionen, dass die heutige Berufung tatsächlich etwas ändern könne, habe er keine. Egal wie aber, er bleibe dabei, alles richtig gemacht zu haben.