Militärexperte zu russischer Drohung "Es geht nicht nur um Atomwaffen"
Der Militärexperte Wiegold hat betont, dass nicht nur Atomwaffen zum russischen Abschreckungspotenzial zählen. Die Drohgebärde solle die Verwundbarkeit zeigen. Wichtig seien nun direkte Gesprächskanäle nach Moskau.
Die Ankündigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Abschreckungswaffen in Alarmbereitschaft zu versetzen, sei eine klare Drohgebärde gegen die NATO-Staaten, sagte der Militärexperte und Journalist Thomas Wiegold bei tagesschau24. Zu den Abschreckungswaffen zählten nicht nur die Atomwaffen des Landes, sondern auch zum Beispiel Hyperschallwaffen. Gemeinsam sei diesen Waffen, dass "eine Abwehr dagegen kaum möglich ist".
Russland habe eine solche Drohung auch nach der Annexion der Krim 2014 ausgesprochen, erinnerte Wiegold. Er räumte aber ein: "Was nun wirklich dahintersteckt, was das wirklich bedeutet, können wir im Moment nicht wirklich einschätzen."
Indirekte Drohung gegen das Baltikum
Das russische Kalkül sei hingegen klar. Putin habe immer wieder gesagt, dass das Ziel sei, Russland in früheren Grenzen, im früheren Machtbereich wieder zu etablieren. Dazu gehören Staaten, die inzwischen der NATO angehören, so Wiegold. Dazu gehörten zum Beispiel die baltischen Staaten.
Es sein nun sehr wichtig, direkte Gesprächskanäle mit Russland zu nutzen - mindestens, um Missverständnisse zu vermeiden. "Es gibt offensichtlich weniger Gesprächskanäle als zu Zeiten des Kalten Krieges. Umso wichtiger ist es, dass diese genutzt werden."
Strategisches und taktisches Waffenarsenal
Die strategischen Atomwaffen Russlands sind sowohl in festen Raketensilos, auf mobilen Abschussrampen als auch auf U-Booten stationiert. Dazu kommen strategische Langstreckenbomber, die Atomraketen und -bomben tragen können. Es ist möglich, dass nun mobile Einheiten neu positioniert werden oder Bomber immer bereitstehen. Ein Einsatz dieser strategischen Waffen würde wahrscheinlich einen nuklearen Gegenschlag der USA nach sich ziehen.
Zu den Abschreckungswaffen zählt aber auch das massive Arsenal ballistischer Raketen mit konventionellen Sprengköpfen, moderne Marschflugkörper und Kurzstreckenraketen, die unter anderem in Belarus und in der Exklave Kaliningrad stationiert sind. Viele dieser Waffensystem können auch taktische Nuklearsprengköpfe tragen. Taktische Atomwaffen wurden während des Kalten Krieges entwickelt, um Truppenkonzentrationen oder wichtige Infrastruktur anzugreifen.
Raketen und Marschflugkörper werden nicht nur gegen die Ukraine eingesetzt, sondern bedrohen auch die NATO-Staaten in Zentral- und Osteuropa, in die gerade zusätzliche Truppen verlegt werden. Diese Waffen haben keine so verheerende Wirkung wie strategische Nuklearwaffen, eignen sich in der angespannten Lage aber ebenso als Abschreckung, weil sie NATO-Garnisonen direkt bedrohen.
Bereits während des Aufmarsches an den ukrainischen Grenzen verbreitete das russische Verteidigungsministeriums Fotos von "Iskander"-Raketenwerfern - so wie hier in in der Region Yaroslavl (Januar 2022). "Iskander"-Raketen können konventionelle und atomare Sprengköpfe tragen.