Britischer Supreme Court Nein zu schottischem Unabhängigkeitsreferendum
Der britische Supreme Court hat gegen ein zweites Unabhängigkeitsreferendum in Schottland geurteilt. Die Regierung in Edinburgh reagierte enttäuscht, will die Entscheidung aber akzeptieren - zumindest vorerst.
Im Juni hatte die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon ein neues Referendum über die Unabhängigkeit ihres Landes in Aussicht gestellt. Doch nun schob der britische Supreme Court - das Oberste Gericht des Landes - diesen Plänen einen Riegel vor. Ganz von ihrem Ziel abrücken will Schottlands Regierung aber trotzdem nicht.
"Das schottische Regionalparlament hat nicht die Befugnis, Gesetze für ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands zu erlassen", fasste der Präsident des Supreme Court, Robert Reed, die Entscheidung zusammen. Ein Volksentscheid könne "die demokratische Legitimität der Union und die Hoheit des Parlaments des Vereinigten Königreichs über Schottland entweder stärken oder schwächen," so Reed. Die Entscheidung über ein Referendum betreffe somit das ganze Land und liege deshalb außerhalb der Macht des schottischen Regionalparlaments. Die Befugnis, ein Referendum anzusetzen, liege allein beim britischen Parlament.
Damit folgt das Gericht der Haltung der britischen Regierung, die ein erneuten Volksentscheid über die schottische Unabhängigkeit klar ablehnt.
Sunak sieht endgültige Entscheidung
Für den britischen Premierminister Rishi Sunak stellt die Entscheidung des Obersten Gerichts ein "klares und endgültiges Urteil" dar. Wie bereits die frühere britische Regierungschefin Theresa May mahnte Sunak, die schottische Regierungspartei SNP solle ihre "Besessenheit" von einem Unabhängigkeitsreferendum endlich aufgeben. Stattdessen müsse der Fokus auf einer gemeinsamen Zusammenarbeit liegen, um grundlegende Probleme wie die wirtschaftlichen Schwierigkeiten und den maroden Gesundheitsdienst NHS zu beheben.
Auf direkte Nachfragen mehrerer SNP-Abgeordneter, inwiefern er guten Gewissens von einer freiwilligen Union sprechen könne, wenn er doch Schottland das Recht auf eine demokratische Entscheidung per Unabhängigkeitsreferendum verweigere, antwortete Sunak nicht direkt.
Sturgeon will Entscheidung anerkennen
Sturgeon äußerte sich "enttäuscht" über die Entscheidung. Auf Twitter schrieb sie:
Ein Gesetz, das es Schottland nicht erlaubt, unsere eigene Zukunft ohne die Zustimmung von Westminster zu wählen, entlarvt jede Vorstellung des Vereinigten Königreichs als freiwilliger Partnerschaft und stärkt die Sache der Unabhängigkeit.
Die Regierungschefin hatte aber bereits im Vorfeld angekündigt, das Urteil des Supreme Courts akzeptieren zu wollen. Allerdings kündigte Sturgeon auch an, die nächste britische Parlamentswahl zu einem Quasi-Referendum machen zu wollen und den Wahlkampf ihrer Schottischen Nationalpartei (SNP) dann komplett auf das Ziel einer erneuten Abstimmung auszurichten. Details dazu werde sie nun mit ihrer Partei besprechen. Im schottischen Parlament haben die SNP und die Grünen, die ebenfalls für eine Loslösung von London eintreten, eine Mehrheit. Sturgeon bezeichnete ein weiteres Referendum als Schritt von grundlegender Bedeutung, damit Schottland "der Brexit-Katastrophe" und einer Regierung entkomme, für die es nicht gestimmt habe.
Rückkehr in EU als Ziel
Im Juni hatte Sturgeon ein mögliches Referendum für den 19. Oktober 2023 angestrebt. Sie begründete eine erneute Volksabstimmung damit, dass in Schottland eine Mehrheit den Brexit abgelehnt hatte und warb mit dem Ziel, ein unabhängiges Schottland wieder zu einem Mitglied der EU machen zu wollen.
Die Schotten hatten bereits 2014 über einen Austritt aus dem seit drei Jahrhunderten bestehenden gemeinsamen Königreich mit England und Wales abgestimmt. Damals votierten rund 55 Prozent noch für den Verbleib im Vereinigten Königreich. In der Abstimmung über den Brexit sprach sich in Schottland eine Mehrheit von etwa 62 Prozent gegen den Ausstieg aus der EU aus.