Volker Türk

UN-Hochkommissar Türk Sorge über Lage in Region Xinjiang

Stand: 07.03.2023 17:38 Uhr

Im Herbst hatte Peking eine UN-Debatte über die Region Xinjiang verhindert. UN-Hochkommissar Türk griff das heikle Thema nun im Jahresbericht auf - und machte deutlich, bei Menschenrechtsfragen in China nicht lockerzulassen.

Kurz, aber sehr deutlich ist UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk in seinem Jahresbericht vor dem Menschenrechtsrat auf die Lage in China eingegangen. Ein heikles Thema - denn erst im vergangenen Herbst hatte China erfolgreich verhindert, dass der Rat über die Menschenrechtslage in der chinesischen Region Xinjiang auch nur debattiert. Eine knappe Mehrheit lehnte damals den Vorschlag westlicher Staaten ab, den Xinjiang-Bericht von Türks Vorgängerin Michelle Bachelet im Menschenrechtsrat zu thematisieren.

Türk stellte nun klar, dass der Bericht für ihn damit nicht vom Tisch ist, genauso wenig wie andere Menschenrechtsfragen in China. "In der Region Xinjiang hat mein Büro schwerwiegende Bedenken dokumentiert - insbesondere willkürliche Verhaftungen in großem Umfang und anhaltende Familientrennungen", sagte er. "Wir haben wichtige Empfehlungen ausgesprochen, die konkrete Folgemaßnahmen erfordern. Wir sind auch besorgt über die starke Einschränkung des zivilen Raums im Allgemeinen, die willkürlichen Inhaftierungen von Menschenrechtsverteidigern und Anwälten sowie über die Auswirkungen des Nationalen Sicherheitsgesetzes in Hongkong."  

   

China auf der Suche nach Verbündeten

Er habe mit China Kommunikationskanäle eröffnet, um eine Vielzahl von Menschenrechtsfragen zu verfolgen, sagte Türk und machte damit klar, dass er nicht lockerlassen will. Was - das meint zumindest Olaf Wientzek vom Büro Multilateraler Dialog der Konrad-Adenauer-Stiftung in Genf - auch als Aufforderung an die 47 Mitgliedsländer des Menschenrechtsrates zu verstehen ist, das heikle Thema Xinjiang trotz der Abstimmungsniederlage im Herbst noch einmal aufzugreifen. Auch, wenn China bei den Vereinten Nationen weiter intensiv daran arbeitet, für seine Definition von Menschenrechten Verbündete zu finden. 

"Ich glaube, dass man sich darauf gefasst machen muss, dass China hier weiterhin sein Framing durchdrücken möchte", so Wientzek. "Das geschieht entweder über Resolutionen, das geschieht über gemeinsame Erklärungen, das geschieht natürlich auch über Druck." Das könne politischer Druck sein, aber manchmal auch wirtschaftlicher Druck - auf Länder, aber auch durch die Mobilisierung von Verbündeten. "Und ich glaube, das ist auch ein bisschen die Grenze dessen, was Volker Türk machen kann. Er kann einen Spagat versuchen - und die Rede zeigt diesen Spagat auch, den er machen möchte, um möglichst viele mitzunehmen und trotzdem Dinge nicht unter den Teppich zu kehren."

Auch ein Thema: Frauenverachtung von Influencern

Die Rede des Hochkommissars für Menschenrechte war mit Blick auf China eine schwierige Gratwanderung. So sieht es auch der Menschenrechtsexperte Marc Limon von der Genfer Denkfabrik Universal Rights Group. "Ich denke, er hat gerade genug getan, um den Westen zufriedenzustellen", so Limon. "Aber er hat wahrscheinlich auch gerade genug getan, um China davon abzuhalten, die Zusammenarbeit mit seinem Büro abzubrechen, womit China gedroht hatte, als der Bericht veröffentlicht wurde." 

China war freilich nur ein Land von vielen, die im Jahresbericht des UN-Menschenrechtskommissars zur Sprache kamen. Türks Rede war eine lange Auflistung schwerer Menschenrechtsverletzungen und eine schockierende Weltreise. Von der Ukraine über Syrien, Mali, Äthiopien, Jemen, Haiti, Afghanistan, Iran - bis hin zu unseren Computer- und Smartphonebildschirmen: Die Frauenverachtung einiger Influencer im Internet schockiere ihn zutiefst, sagte Türk auch mit Blick auf den Internationalen Frauentag am Mittwoch.  

Ob im Internet, in Afghanistan oder im Iran: Generell seien, so der UN-Menschenrechtskommissar, der Umfang und das Ausmaß der Diskriminierung von Frauen und Mädchen eine der "erdrückendsten Menschenrechtsverletzungen weltweit".

 

Kathrin Hondl, Kathin Hondl, ARD Genf, 07.03.2023 16:48 Uhr