Spannungen im Kosovo Barrikaden werden geräumt, Skepsis bleibt
Erste Schritte in Richtung Deeskalation: Der wichtigste Grenzübergang zum Kosovo ist wieder offen. Zuvor hatte Serbiens Präsident Vucic zum Abbau von Barrikaden aufgerufen. Doch der Streik serbischer Beamter dauert an.
Der serbische Präsident Aleksandar Vucic war nach Raska gekommen, eine Kleinstadt in Südserbien, nicht weit von der Grenze zum Kosovo. In einer Kaserne der serbischen Armee traf er sich mit Vertretern der Serben im Kosovo.
Im Anschluss verkündete Vucic auf einer Pressekonferenz, dass die Barrikaden ab heute abgebaut werden - das Ganze könne ein bis zwei Tage dauern.
Diese Neuigkeit verkündete Vucic nicht ohne die von ihm gewohnte dramatisierende Selbstdarstellung. "Ich bin etwas mehr als zehn Jahre in der Regierung. Ich hatte viele schwere Momente, über die ich Bücher hätte schreiben können", sagte der serbische Präsident. "Hier hatte ich schwere Verhandlungen mit Leuten, von denen ich wusste, dass sie ihr Land lieben. Und so etwas ist am schwierigsten."
Viele Kosovo-Serben sind skeptisch
Mit ihrem Land meint Vucic nicht den Kosovo, sondern Serbien, denn die meisten Serben aus dem aufständischen Norden des Kosovo erkennen, die Unabhängigkeit ihres Landes von Serbien nicht an - genau wie Vucic. Und so waren die Vertreter der Kosovo-Serben zwar bereit, die Barrikaden abzubauen, aber sie zeigten sich auch weiter skeptisch.
Zu Wort meldete sich Aleksandar Filipovic. Er ist einer der streikenden serbischen Polizisten und war zuvor Chef der operativen Polizei im Norden des Kosovo. "Wenn wir die Barrikaden jetzt wegräumen, denn werden sie uns jagen wie die Hasen", sagte Filipovic. "Wir serbischen Polizisten sind ja nicht zum Spaß zurückgetreten, sondern weil wir hintergangen wurden." Als serbische Polizisten hätten sie nichts mehr ausrichten können und seien nutzlos gewesen, als die Spezialkräfte in den Nordkosovo kamen.
Garantien im Gegenzug zum Abbau der Barrikaden
Die Spezialkräfte aus dem albanisch dominierten Süden des Kosovo haben in den letzten Tagen mindestens drei Serben festgenommen. Die Festnahmen waren die Hauptauslöser für die Errichtung von immer mehr Barrikaden. Die bestehen zum Teil aus mehreren Reihen von Bussen, Lastwagen und Baustellenfahrzeugen - quer gestellt auf allen wichtigen Landstraßen im Norden des Kosovo, in der zweigeteilten Stadt Mitrovica und an einem Grenzübergang. Der Übergang ist nach Angaben des serbischen Staatsfernsehen mittlerweile wieder geöffnet. Die Regierung in Pristina hatte ihn gestern als Reaktion auf die Errichtung weiterer Barrikaden auf der serbischen Seite geschlossen.
Für den Abbau der Barrikaden soll Vucic Garantien von der kosovarischen Regierung, der EU und den USA bekommen haben. So soll es keine Strafverfolgung für die Aufständischen geben und einzelne festgenommene Serben sollen freigelassen werden.
Hausarrest statt Gefängnis
Ein Ex-Polizist wurde offenbar bereits in den Hausarrest überstellt und ist wieder bei seiner Familie. Ihm wird vorgeworfen, als Rädelsführer Wahlbüros im Nordkosovo angegriffen zu haben.
Eine weitere Vereinbarung: Die Spezialeinsatzkräfte sollen sich aus dem Norden des Kosovo zurückziehen. Der serbische Präsident Vucic ging auch auf das Bild ein, die Serben könnten nach dem Abbau der Barrikaden wie Hasen gejagt werden. "Sie können Euch nicht jagen wie die Hasen. Wenn sie das tun, dann gibt es keine Einigungen mehr", stellte der Präsident klar. "Wenn sie auch nur einen oder zwei von uns schnappen, dann werden die Hasen zu Wölfen."
Serbische Beamte bleiben im Streik
Die rund 1000 streikenden serbischen Polizisten, Richter und Beamten aus dem Norden des Kosovo sollen laut Vucic noch nicht in ihren Dienst zurückkehren. Erst wenn die Kosovo-Regierung die Errichtung einer serbischen Gemeindeverwaltung zulasse, würden sie wieder arbeiten.
Die kosovarische Regierung lehnt die serbische Gemeindeverwaltung ab, weil sie befürchtet, dass die Serben dann zu viel Macht im Kosovo bekämen. Kosovos Premierminister Albin Kurti wirft Vucic vor, den Aufstand der Kosovo-Serben aus Belgrad zu steuern, um die Lage im Kosovo absichtlich zu destabilisieren.