Liberale gewinnen Parlamentswahl Slowenien wählt die "Freiheit"
Slowenien hat für den Machtwechsel gestimmt: Die neu gegründete Freiheitsbewegung des Quereinsteigers Golob gewann die Wahl klar. Der umstrittene Rechtspopulist Jansa erlitt eine krachende Niederlage.
Die liberal-grüne Freiheitsbewegung in Slowenien ist am Ziel - und hat dafür gar nicht lange gebraucht. Hauptverantwortlich für den Erfolg: Robert Golob. Der 55-Jährige hat die Bewegung erst Anfang des Jahres aus einer schon bestehenden Ökopartei geformt. Jetzt ist sie aus dem Stand die stärkste politische Kraft im kleinen EU-Land mit seinen gut zwei Millionen Einwohnern.
Golob hat, gemäß dem Namen seiner Partei, in einer ersten Reaktion klargemacht, was ihm am wichtigsten war und ist: "Jetzt können wir feststellen, dass unser Ziel, die Freiheit nach Slowenien zu bringen, erreicht ist."
Der frühere Topmanager musste wegen einer Corona-Infektion den Wahltag zu Hause verbringen. Doch die wichtigsten Zahlen bekam er dort natürlich mit, die wichtigste für ihn: knapp 35 Prozent für seine Freiheitsbewegung. Sie ist klar proeuropäisch, will weg von fossilen Rohstoffen, und vor allem auch wieder mehr Demokratie, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit herstellen, die Unabhängigkeit von Behörden und Medien stärken.
Wahlbeteiligung enorm gestiegen
Das wollen viele im Land. Nach einer beispiellosen, von Dutzenden NGOs und Verbänden getragenen Mobilisierungskampagne kletterte die Wahlbeteiligung von 53 Prozent im Jahr 2018 auf nun 70 Prozent. Golob erklärte, dies gebe dem Mandat nun "ein besonderes Gewicht". Man müsse der Zivilgesellschaft dankbar sein, sie habe mit zu der hohen Beteiligung beigetragen. "Ohne eine so kämpferische, so herzhafte, so entschlossene Zivilgesellschaft, wie in den letzten anderthalb Jahren hätte Slowenien die Freiheit wahrscheinlich nicht zu Gesicht bekommen", sagte Golob nach dem Wahlsieg seiner Freiheitsbewegung
Immer wieder das Wort, das Thema: "Freiheit". Vor allem weil diese in den zuletzt zwei Regierungsjahren unter Janez Jansa immer weiter eingeschränkt worden war. Jansa hatte Druck und Einfluss ausgeübt auf Justiz, Polizei, Medien.
Viele in Slowenien, aber auch in Brüssel befürchten: Wenn Jansa wieder gewinnt, wird sich Slowenien noch mehr von der Demokratie entfernen. Nun aber kam die rechtskonservative SDS von Janša nur auf Platz zwei mit knapp 24 Prozent. Sie hat keine Chance mehr, eine Regierung zu bilden.
Der abgewählte slowenische Premierminister Janez Jansa (R) und seine Frau Urska nach der Abgabe ihrer Stimmen am gestrigen Wahltag.
Jansa räumt Niederlage ein
Anders als Donald Trump, dem Jansa einst zu seinem Fake-Wahlsieg gratuliert hatte, räumte der 63-Jährige aber noch am Abend die Niederlage ein. Vor der neuen Regierung lägen zahlreiche Herausforderungen. Seine Regierung habe aber die Fundamente gelegt, auf denen man gut und sicher weiterfahren könne. Der abgewählte Premier will nach eigenen Angaben nun eine konstruktive Oppositionsarbeit machen.
Der Lagerwahlkampf ging zulasten der anderen Parteien. Außer den beiden Großen haben es diesmal nur die Sozialdemokraten, die Christdemokraten - beide je sieben Prozent - und die Linkspartei Levica mit vier Prozent über die entscheidende Vier-Prozent-Hürde geschafft. Vier Parteien flogen aus dem Parlament. Damit wird es dort nun übersichtlicher, auch wenn die italienische und die ungarische Minderheit wie immer je einen der 90 Sitze bekommen.
EVP-Fraktion hatte Jansa unterstützt
Golob kann jetzt mit den Sozialdemokraten eine Mehrheit bilden, die Erfolgsaussichten sind gut. Wie in Deutschland könnte es also eine Ampel geben. Nur dass diese eventuell von zwei, nicht drei Parteien gebildet wird; die Freiheitsbewegung deckt ja grün und gelb bereits ab. Allerdings sind auch Gespräche mit der Linkspartei für ein Dreierbündnis möglich. Als eine Art Belohnung, weil diese sich auch für Golob mit stark gemacht hatte.
So erleichtert viele in Brüssel nun sind - die christdemokratische EVP-Fraktion hatte Jansa unterstützt. Und in ihm verliert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen ganz großen Unterstützer. Von Golob kursierten im Wahlkampf indes frühere prorussische Äußerungen - den russischen Angriffskrieg hat er aber im Wahlkampf verurteilt. Wie es jetzt mit dem geplanten Panzerringtausch mit Deutschland weitergeht, muss sich zeigen. Da ist in Slowenien zuletzt gar nichts nach außen gedrungen.
Ein Zwischenfall blieb übrigens ohne größere Folgen: Eine Gruppe von Corona-Leugnern unter Führung eines früheren Armee-Majors war am Wahltag in den Sitz der Staatlichen Wahlkommission eingedrungen. Die Polizei konnte die Lage entschärfen.