Angebliche sexuelle Übergriffe Kevin Spacey in Londoner Prozess freigesprochen
Schauspieler Kevin Spacey ist im Londoner Strafprozess um angebliche sexuelle Übergriffe freigesprochen worden. Die Geschworenen befanden den zweifachen Oscar-Preisträger in allen Anklagepunkten für nicht schuldig.
US-Schauspieler Kevin Spacey ("American Beauty", "House of Cards") ist in einem Londoner Strafprozess wegen angeblich sexueller Übergriffe in allen Anklagepunkten freigesprochen worden. Das teilte die Jury nach dreitägigen Beratungen mit.
Anklage wirft Spacey Machtmissbrauch vor
In dem etwa vierwöchigen Prozess am Southwark Crown Court hatten vier Männer dem Hollywoodstar unter anderem ungewollte Berührungen und Nötigung zum Geschlechtsverkehr vorgeworfen. Die mutmaßlichen Opfer sagten im Prozess gegen Spacey aus. Sie warfen ihm unter anderem vor, er sei ein "sexueller Bully". Ein Zeuge sagte aus, Spacey habe ihm "wie eine Kobra" in den Schritt gepackt.
Die Vorwürfe hatten sich auf den Zeitraum zwischen 2001 und 2013 in London und der Grafschaft Gloucestershire bezogen. Spacey war von 2004 bis 2015 künstlerischer Direktor am Londoner Theater Old Vic und lebte zeitweilig in der britischen Hauptstadt. Die Anklage warf dem Oscar-Preisträger vor, seine Macht ausgenutzt zu haben. Er respektiere persönliche Grenzen und Distanz nicht.
Spacey hatte die Vorwürfe stets abgestritten. Er räumte im Prozess etwa Berührungen eines Mannes in der Leistengegend sowie einen sexuellen Akt mit einem weiteren ein. Spacey betonte aber, es habe sich um "romantische" Berührungen beziehungsweise einvernehmlichen Sex gehandelt.
Er bestritt auch, seinen Ruhm für sexuelle Übergriffe gegen mehrere Männer ausgenutzt zu haben. Einige Vorwürfe nannte er "frei erfunden". Als Zeuge der Verteidigung wurde auch Popstar Elton John aus Monaco zugeschaltet.
Tiefer Fall nach #MeToo-Vorwürfen
Spacey, der am Mittwoch 64 Jahre alt wurde, wischte sich bei der Verkündung ein paar Tränen aus den Augen und machte in Richtung der Geschworenen eine Dankesgeste.
Die Karriere des bis dahin erfolgreichen Schauspielers wurde durch die im Zuge der #MeToo-Debatte aufgebrachten Vorwürfe abrupt unterbrochen. Netflix beendete die Zusammenarbeit zu "House of Cards" und verklagte Spacey auf Schadenersatz, nachdem Beschwerden von Mitarbeitern am Set über ihn aufgekommen waren.
Das Theater Old Vic distanzierte sich ebenfalls. Szenen mit Spacey in dem Thriller "All The Money in the World" (Alles Geld der Welt) wurden nachträglich entfernt.
Er selbst sagte vor Gericht, er sei damals übereilt als Straftäter abgestempelt worden. "Es kam zu einer Vorverurteilung und bevor die erste Frage gestellt oder beantwortet war, verlor ich meinen Job, verlor ich meinen Ruf. Ich habe innerhalb weniger Tage alles verloren." Das Einzige, was man ihm vielleicht vorwerfen könne, sei, dass er ungeschickt jemanden angebaggert habe, sagte er. Er gab an, seine Einsamkeit mit häufig wechselnden Sex-Partnern bekämpft zu haben.
Zivilklagen in den USA ohne Erfolg
Spaceys Verteidiger beklagte im aktuellen Prozess, über seinen Mandanten sei in sozialen Netzwerken gerichtet und er sei in der Folge "gecancelt" worden. Vor Gericht hätten sich die Vorwürfe gegen ihn aber stets als auf wackeligen Beinen dargestellt.
Im vergangenen Jahr musste sich Spacey bereits einem Zivilprozess in den USA stellen, setzte sich damals aber durch. Der Schauspieler Anthony Rapp warf ihm vor, 1986 bei einer Party sexuell übergriffig geworden zu sein und ihn verletzt zu haben. Er forderte 40 Millionen US-Dollar Schadenersatz. Spacey gewann den Prozess, zwei weitere Zivilklagen in den USA wurden zurückgezogen. Auch eine Strafanzeige von Rapp wurde abgewiesen.
Folgt nun das Comeback?
In einem kurzen Statement nach dem Freispruch sagte Spacey, er müsse die Geschehnisse nun erst einmal verarbeiten. Er sei der Jury aber enorm dankbar, dass sie sich die Zeit genommen habe, alle Beweise genau zu prüfen, bevor sie zu einer Entscheidung gekommen sei. "Und ich bin demütig über den Ausgang heute."
Noch vor Prozessbeginn in London hatte Spacey die Hoffnung geäußert, im Falle eines Freispruchs wieder an seine Erfolge anknüpfen zu können.
In einem "Zeit"-Interview Mitte Juni hatte Spacey erklärt, Regisseure hätten ihm gesagt, dass sie mit ihm zusammenarbeiten wollten, es aber derzeit nicht könnten. "Wir leben in einer Zeit, in der viele Menschen fürchten, dass sie gecancelt werden, wenn sie mich unterstützen," sagte er weiter. "Aber sobald ich in London freigesprochen werde, werden mir bestimmte Leute wieder Rollen anbieten". "Noch in derselben Minute".