Spaniens Sparplan Licht aus und schwitzen gegen Energienot
Heute tritt Spaniens Energie-Sparplan in Kraft: Schaufenster dürfen ab 22 Uhr nicht mehr beleuchtet sein, Bars und Läden müssen die Klimaanlage drosseln. Die meisten Menschen akzeptieren die Maßnahmen - aus gutem Grund.
In Spanien war der vergangene Monat im Schnitt 2,7 Grad zu heiß. Trockenheit führt derzeit an vielen Orten zu Problemen: es wird Ernteausfälle geben, 240.000 Hektar Wald sind seit Januar verbrannt, das Mittelmeer an den Balearen ist über 30 Grad warm. Selbst der grüne Norden Spaniens leidet unter nie dagewesener Hitze. Im Baskenland müssen einige Dörfer durch ein Tankschiff mit Trinkwasser versorgt werden. "Cambio climático", der Klimawandel, ist derzeit in Spanien das beherrschende Thema vieler Gespräche.
Ausgerechnet jetzt wird besonders viel Gas verbraucht, um Strom zu erzeugen. Der Anteil erneuerbarer Energie ist in den Sommermonaten zurückgegangen: Es gab wenig Wind und bei großer Hitze stellen Solaranlagen weniger Strom her. Gleichzeitig stieg durch starke Nutzung von Klimaanlagen der Energiebedarf. Denn der Tourismus boomt wieder. Auf Mallorca waren zuletzt 93 Prozent der Hotelbetten belegt. Also wird in Spanien vermehrt Strom in Gaskraftwerken erzeugt. Der Gas-Anteil am Strom-Mix stieg von 15 Prozent im Mai auf 33 Prozent im Juli.
Mehr Klimaschutz als Solidarität
Da Spanien gegenüber der EU aber zugesagt hat, ebenfalls Gas sparen zu wollen, hat die Regierung nun Maßnahmen erlassen. Auch wenn der Kongress sie im September noch bestätigen muss, werden sie ab heute Abend umgesetzt. Am wichtigsten: Schaufenster, nicht benutzte Büros und öffentliche Gebäude dürfen ab 22 Uhr landesweit nicht mehr beleuchtet werden. Und: An vielen öffentlichen Gebäuden sollen Klimaanlagen die Temperaturen nur noch auf 27 Grad herunterkühlen. Für Bars, Restaurants oder viele Geschäfte gilt 25 Grad.
"Wir haben kein Eis": Ein Schild vor einem Lebensmittelgeschäft in Madrid.
Offiziell begründet die spanische Regierung die Maßnahmen damit, solidarisch mit EU-Partnern sein zu wollen, die vom russischen Gas abhängig sind. Hintergründig dürfte es jedoch vor allem um Klimaschutz gehen. Spanien bezieht sein Gas vor allem durch eine Pipeline aus Algerien und über Flüssiggas-Terminals. Eine größere Verbindung nach Zentral-Europa wurde vor Jahren nicht zu Ende gebaut. Ein Kubikmeter Gas, der in Spanien gespart wird, kann also nicht einfach in anderen Teilen Europas genutzt werden.
Bewusstsein für Klimanotstand
Der Energie-Experte Angel Saz sagt, von den Spar-Maßnahmen solle eine Signalwirkung ausgehen, dass Spanien in einer Energie- und Klimakrise nicht weiter so viel Strom verbrauchen dürfe.
Soledad Montero, Umweltaktivistin von "Ecologistas en Acción" meint: Die Klimakrise ist endlich im Bewusstsein der Menschen in Spanien angekommen.
Die meisten Menschen sehen das in diesen von großer Hitze und Trockenheit geprägten Wochen offensichtlich genauso: Die erwartete große Debatte über die Maßnahmen ist ausgeblieben. Die Regierung setzt zunächst auch auf eine freiwillige Umsetzung. In vielen Städten wurde damit bereits begonnen.
Den Menschen sei bewusst geworden, dass es so nicht weitergehe, meint die Umweltaktivistin Soledad Montero von der Ökologie-Aktivistengruppe "Ecologistas en Acción": "Dieser Sommer ist das, was vielen Menschen fehlte, um zu verstehen, dass wir uns wirklich in einem Klimanotstand befinden."