Besuch in Athen Steinmeier mit Reparationsforderungen konfrontiert
Griechenland verlangt seit langem deutsche Reparationen für Kriegsschäden. Beim Steinmeier-Besuch spricht die griechische Präsidentin das Thema überraschend deutlich an. Deutschland hält die Frage für abgeschlossen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist bei seinem Besuch in Athen überraschend deutlich mit griechischen Reparationsforderungen konfrontiert worden. Griechenlands Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou erinnerte ihn gleich zum Auftakt ihres Gesprächs an die im Zweiten Weltkrieg erlittenen Schäden ihres Landes und an die an Hitler-Deutschland gezahlte Zwangsanleihe.
Das Problem der Kriegsentschädigungen und der Zwangsanleihe habe für das griechische Volk noch immer "eine sehr große Bedeutung", sagte die Parteilose. "Ein Problem, das immer noch in der Schwebe ist", fügte sie hinzu.
Das im Zweiten Weltkrieg von der Wehrmacht eroberte Griechenland fordert seit langem eine Wiedergutmachung für die Kriegsschäden und eine Rückzahlung des Zwangskredits durch Deutschland. Dabei handelt es sich - je nach Rechenweise - um eine Summe zwischen 278 und 341 Milliarden Euro.
Steinmeier: Reparationsfrage völkerrechtlich abgeschlossen
Steinmeier bekannte sich zur deutschen Verantwortung für die "Grausamkeiten" vor und während des Zweiten Weltkrieges, betonte aber: "In der von Ihnen angesprochenen Rechtsfrage vertreten wir eine andere Auffassung." Deutschland halte die Rechtsfrage der Reparationen für völkerrechtlich abgeschlossen. "Aber gleichwohl stehen wir zu unserer historischen und moralischen Verantwortung."
Der Bundespräsident erinnerte an das deutsche Engagement für den Bau eines Holocaust-Museums in Thessaloniki und an von Deutschland vorangetriebene Projekte wie den deutsch-griechischen Jugendaustausch und den Zukunftsfonds. Er nannte die deutschen Verbrechen in Griechenland aber auch "ein schwieriges Thema, das in der Gegenwart unserer Beziehungen noch immer eine Rolle spielt, dem wir nicht ausweichen dürfen". Deshalb widme er ihm auch Raum während seines Besuches im Land.
Auch Ministerpräsident thematisiert Zwangsanleihe
Auch als Steinmeier anschließend mit dem konservativen Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis zusammentraf, kam das Thema kurz zur Sprache. Die Frage nach der Wiedergutmachung und besonders der Zwangsanleihe sei "noch sehr lebendig für Griechenland", sagte dieser. "Und wir hoffen, dass wir es irgendwann einmal lösen werden können."
Steinmeier erwiderte darauf im öffentlichen Teil des Treffens nichts mehr. Stattdessen lobte er die ökonomische Entwicklung Griechenlands seit der Finanzkrise und zeigte sich erfreut, dass das Land wieder auf einen wirtschaftlichen Wachstumspfad zurückgefunden hat.
Tumult bei Besuch in Flüchtlingslager
Beim Besuch Steinmeiers in einem Flüchtlingslager nahe Athen kam es zu Tumulten. Hunderte Flüchtlinge empfingen ihn mit "Ausweis, Ausweis"- und "Deutschland, Deutschland"-Rufen und folgten ihm hinter einem hohen Zaun bei seinem Gang durch Einrichtungen des Lagers. Einige von ihnen versuchten, bis zu Steinmeier vorzudringen. Sie wurden aber von Sicherheitskräften weit von ihm entfernt zurückgehalten. Der Bundespräsident verkürzte seinen Besuch um eine halbe Stunde.
Er informierte sich in dem Lager über die Registrierung und Erstaufnahme von Geflüchteten, die derzeit wieder vermehrt nach Griechenland kommen. Während im gesamten vergangenen Jahr 41.500 Neuankünfte gezählt wurden, sind es in diesem Jahr bereits mehr als 48.000. Für Griechenland mit seinen 10,5 Millionen Einwohnern stellen die über das Mittelmeer kommenden Migranten eine große Herausforderung dar.