Telegram-Chef Durow nennt Ermittlungen "fehlgeleitet"
Erstmals seit seiner Festnahme vor zwei Wochen hat sich Telegram-Chef Durow dazu geäußert. Die Behauptung, Telegram sei ein "anarchistisches Paradies", sei "absolut unwahr", die Ermittlungen gegen ihn "überraschend" und "fehlgeleitet".
In seiner ersten öffentlichen Äußerung seit seiner Festnahme vor zwei Wochen hat Telegram-Chef Pawel Durow die Vorwürfe gegen seinen Kurzmitteilungsdienst zurückgewiesen. "Die Behauptung, Telegram sei eine Art anarchistisches Paradies, ist absolut unwahr", schrieb er auf seinem Telegram-Kanal. "Wir entfernen jeden Tag Millionen von schädlichen Beiträgen und Kanälen. Wir veröffentlichen täglich Transparenzberichte."
Er kritisierte außerdem das Vorgehen der französischen Behörden. Sie hätten eine von seinem Unternehmen eigens eingerichtete Hotline nutzen oder den EU-Verantwortlichen von Telegram kontaktieren können.
Der 39-Jährige sagte, es sei "überraschend", dass er für die von anderen Menschen geteilten Inhalte verantwortlich gemacht werde. Er kritisierte "die Anwendung von Gesetzen aus der Vor-Smartphone-Ära, um einen CEO für Straftaten anzuklagen, die von Dritten auf der von ihm verwalteten Plattform begangen wurden". Dies sei ein "fehlgeleiteter Ansatz".
Ermittler: Durch fehlendes Eingreifen mitschuldig gemacht
Durow ist gegen Auflagen auf freiem Fuß und darf Frankreich nicht verlassen. Die französischen Ermittler werfen ihm vor, unzureichend mit Behörden zu kooperieren - etwa bei Kriminalitätsermittlungen und gesetzlich zulässigen Abhörmaßnahmen. Der Verdacht steht im Raum, Durow habe sich durch fehlendes Eingreifen bei Telegram und mangelnde Zusammenarbeit mit Behörden des Drogenhandels, der Geldwäsche, des Betrugs und mehrerer Vergehen im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch mitschuldig gemacht.
In seiner Botschaft räumte Durow ein, dass die stark steigenden Nutzerzahlen Telegrams (mehr als 950 Millionen Nutzer) "Wachstumsschmerzen verursachen, die es Kriminellen leichter machen, unsere Plattform zu missbrauchen". Er habe es sich daher zum persönlichen Ziel gemacht, "die Dinge in dieser Hinsicht merklich zu verbessern". Telegram wolle bei der Moderation von Inhalten deutlich besser werden. Ziel sei es, dass die Netzwerkindustrie insgesamt stärker und sicherer werde.
Privatsphäre vs. Sicherheitsinteressen
Es sei ein schwieriger Balanceakt, einerseits global zu operieren und es andererseits jedem Land recht zu machen. Das Netzwerk sei offen für Dialog, aber Prinzip sei, Nutzer in autoritären Staaten zu schützen. Bisweilen gebe es auch keine Einigung zwischen dem Anspruch, die Privatsphäre zu schützen, und den Sicherheitsinteressen der Behörden. "In diesen Fällen sind wir bereit, das Land zu verlassen. Das haben wir schon viele Male getan." So habe sich Telegram in der Vergangenheit auch geweigert, russischen und iranischen Behörden die Verschlüsselungscodes für eine Überwachung von Nutzern zu übergeben.