Abtrünnige Region in Moldau Transnistrien bittet offenbar Russland um "Schutz"
Lange schon befürchtet Moldau eine russische Aggression im Separatistengebiet Transnistrien. Nun wenden sich die dortigen Machthaber direkt an Moskau und bitten offenbar um "Schutz". Der Kreml bezeichnet dies als "Priorität".
Die pro-russischen Separatisten in der abtrünnigen moldauischen Republik haben Medienberichten zufolge Russland um "Schutz" gebeten. Ein Kongress des international nicht anerkannten Separatistengebiets, das an die Ukraine grenzt, stimmte für eine entsprechende Resolution, aus der moldauische und russische Medien zitierten.
Transnistrien wolle sich demnach an den russischen Föderationsrat sowie die Staatsduma wenden "mit der Bitte über die Realisierung von Maßnahmen zum Schutz Transnistriens angesichts des zunehmenden Drucks durch Moldau".
In der Resolution werfen die Separatisten Moldau unter anderem eine wirtschaftliche Blockade der Region vor, sowie eine "Zerstörung der Grundlagen von Unabhängigkeit und Staatlichkeit". Es war der erste Sonderkongress der pro-russischen Separatisten seit 2006.
In der nun verabschiedeten Erklärung ist von "mehr als 220.000 russischen Bürgern" die Rede, die in Transnistrien lebten. Welche konkreten Maßnahmen die Separatisten von Moskau erwarten, blieb unklar.
Der Resolution zufolge richten sich die Separatisten neben Russland auch an die OSZE, das Europäische Parlament, das Rote Kreuz und die Vereinten Nationen mit der Bitte, "Provokationen" zu verhindern, die zu einer "Eskalation der Spannungen" führen könnten.
Sorge in Moldau
Die Regierung der Republik Moldau bezeichnete die Aussagen der Separatisten über angeblichen "Druck" aus Chisinau als "Propaganda". Die Region profitiere von "der Politik des Friedens, der Sicherheit und der wirtschaftlichen Integration mit der Europäischen Union", die "allen Bürgern" zugute komme, schrieb der stellvertretende Ministerpräsident Oleg Serebian auf Telegram.
Beim EU-Beitrittskandidaten, der zwischen der Ukraine und Rumänien liegt, dürfte die Nachricht über den "Schutzruf" der Separatisten die Angst vor einer russischen Aggression auch auf ihrem Staatsgebiet schüren - erst recht, weil Russland bereits seit Jahrzehnten eigene Soldaten in Transnistrien stationiert hat. Die Region ist seit den 1990er-Jahren von Moldau abtrünnig.
Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 haben sich moldauische Politiker immer wieder sehr besorgt gezeigt. Beobachter warfen Russland zudem vor, die Lage in der Region gezielt mit Provokationen zu destabilisieren.
Transnistriens Präsident Wadim Krasnoselski sprach in seiner Rede bei dem Kongress nach Angaben örtlicher Medien von einer "Politik des Genozids". Diese werde durch wirtschaftlichen, "physischen", rechtlichen und sprachlichen Druck ausgeübt.
Moskau: "Eine der Prioritäten"
Als Reaktion auf die Resolution bezeichnete Moskau den "Schutz" der Bewohner in Transnistrien als eine "Priorität". Russische Nachrichtenagenturen zitierten das russische Außenministerium mit den Worten, "der Schutz der Interessen der Bewohner Transnistriens, unserer Landsleute, ist eine der Prioritäten".
Außenamtssprecherin Maria Sacharowa hatte im Vorfeld Befürchtungen über mögliche Annexionspläne Russlands eine "Spekulation" genannt. "In Chisinau wird seit Tagen über mögliche Beschlüsse des Forums gerätselt. Offenbar hat diese Panik auch die NATO erreicht", sagte sie auf entsprechende Nachfrage.
Nach ihrer Aussage versuche die NATO "aus der Region buchstäblich eine zweite Ukraine zu kreieren, ungeachtet der Mehrheitsmeinung in Moldau. Überhaupt werden sich keine Gedanken über mögliche Folgen dessen für das Land und die Region gemacht".
Deutsche Politiker warnen vor Eskalation
Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth zeigte sich angesichts der Entwicklungen besorgt und warnte vor einer Ausweitung des russischen Angriffskriegs. "Die dramatischen Entwicklungen in Moldau zeigen, dass der russische Imperialismus nicht allein auf die Ukraine beschränkt ist", sagte er der Rheinischen Post.
Während Europa abermals streitet und gespalten ist, eskaliert Russland munter weiter. Putin will mehr und nimmt nun auch Moldau ins Visier", sagte der Vorsitzendes des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages.
Roth erkennt in den Entwicklungen Parallelen zu denen in der Ostukraine vor Russlands Angriff Anfang 2022. "Russland hat überall in seiner Nachbarschaft eingefrorene Konflikte geschaffen, die nun nach Belieben aufgetaut werden können, um die Destabilisierung Osteuropas voranzutreiben", sagte Roth. "Der Hilferuf der prorussischen Separatisten in Transnistrien an Moskau ist ein abgekartetes Spiel". Das Ziel sei klar: "Putin will verhindern, dass sich Moldau weiter an die EU annähert."
Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, rief zu Entschlossenheit und weiteren Hilfen für die Ukraine auf. "Es hat alles Methode und ist nicht wirklich überraschend. Putin provoziert jetzt an allen geografischen Ecken und Enden", sagte sie der "Rheinischen Post". Umso wichtiger sei, dass "wirklich alles" getan werde, "damit die Ukraine den Krieg gewinnt", so die FDP-Politikerin.