Präsidentenwahl in Tschechien Zeman geht - sein Schatten bleibt
Die Tschechen wählen ab morgen einen neuen Präsidenten. Amtsinhaber Zeman darf nicht erneut antreten. Der Bewunderer von Putin, Trump und Xi hat das Land jahrzehntelang geprägt und dem Amt zu mehr Macht verholfen.
Hana Strasakova ist keine gewöhnliche Reiseführerin. Und sie begrüßt an diesem Wochenende im Januar auch keine Touristen auf der Prager Burg.
Die Burg sei im 9. Jahrhundert als Sitz von Fürsten und Königen erbaut worden, erklärt Strasakova. Seit 1918 sei sie Sitz des Präsidenten. "Der erste Präsident im unabhängigen Tschechien, Vaclav Havel, hat ihren Ruf verbessert. Doch danach ging es steil bergab."
Die junge Frau ist Sprecherin einer demokratischen Protestbewegung, die Hunderte Menschen zusammengetrommelt hat, um den amtierenden Präsidenten Milos Zeman in den Ruhestand zu verabschieden. Weil die Burg keine Demonstration erlauben wollte, sind Strasakova und ihre Mitstreiter jeden Alters mit Kameras und Karten als Touristen getarnt. Sie fordern ein Ende von Arroganz im Präsidentenamt, die Rückkehr von Anstand und Würde und einen pro-westlichen Kurs.
Zeman verschanzt sich
Präsident Milos Zeman selbst weilt, so wie meist, im Sommerschloss des Präsidenten außerhalb von Prag. Dort verschanzt sich der stark kränkelnde 78-Jährige seit Jahren vor seinen Kritikern.
Nach 32 Jahren in der tschechischen Politik verabschiedet er sich lieber in Einzelinterviews - oder in seiner zehnten und letzten Weihnachtsbotschaft. "Ich war immer ein Befürworter korrekter Wirtschaftsbeziehungen mit der Russischen Föderation. Vor allem durch die Bereitstellung von günstigen Rohstoffen. Aber es gibt Situationen, in denen wirtschaftliche Interessen Sicherheitsinteressen weichen müssen", sagt er.
Den russischen Präsidenten Wladimir Putin hat Zeman bis zum Einmarsch in die Ukraine verteidigt. Mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping telefonierte der Gründer der tschechischen Sozialdemokratie kürzlich noch.
Hetze gegen Migranten, Minderheiten, Journalisten
Als Ministerpräsident hatte Zeman Tschechien in die NATO und Richtung EU geführt. Nach seinem Ausstieg aus der aktuellen Politik und später als erster direkt gewählter Präsident verstand er seine Rolle eher als oberster EU-Kritiker und Stimme des einfachen Volkes. Zeman hetzte gegen Migranten, sexuelle Minderheiten, die Energiewende oder Journalisten.
"Dies ist ein Modell einer Kalaschnikow. Auf der steht: Für Journalisten. Sie würde mich aber wahrscheinlich nach hinten werfen, weil ich nicht schießen kann", sagte er einmal.
Kreativer Umgang mit der Verfassung
Bekannt geworden ist Zeman auch wegen seines kreativen Umgangs mit der tschechischen Verfassung. Immer wieder hat er sich geweigert, Minister, Richter oder Rektoren zu ernennen, die ihm persönlich oder politisch nicht passten.
Gerade geht es um den designierten Umweltminister. Zeman sagte: "Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Mann, der ein hübsches Mädchen kennenlernt und ihr vorschlägt, seine Frau zu werden. Nach dieser Auslegung der Verfassung müsste das Mädchen dem Vorschlag automatisch nachkommen.“
Politikbeobachter wie Petr Honzejk halten besonders Zemans außenpolitische Ausrichtung gegenüber China und Russland für vollständig gescheitert. Die aktuelle konservativ-liberale Koalition sieht sich als eine der wichtigsten Unterstützerinnen der Ukraine. Chinesische Investitionen in Tschechien sind verschwindend gering.
Zeman machte Prager Burg zu Machtzentrum
Zemans Vermächtnis sei ein anderes, sagt Honzejk. Ursprünglich sei der Präsident eher als "zeremonielles Staatsoberhaupt" gedacht gewesen. "Aber Milos Zeman hat die Burg mit seiner Fähigkeit, alle Schlupflöcher in der Verfassung zu entdecken, zu einem einflussreichen Machtzentrum gemacht - und das wird sich nicht ändern."
Das mag auch der Grund sein, warum der abgewählte Ministerpräsident Andrej Babis nach dem Präsidentenamt greift. Der milliardenschwere Unternehmer und populistische Parteigründer gilt als einer von drei Favoriten und als Favorit von Zeman selbst.
Babis könnte gegen General Petr Pavel oder die Ökonomin Danuse Nerudova knapp siegen, ähnlich wie das Zeman vor fünf Jahren überraschend gelang. Die nächste Protestwelle auf der Burg wäre damit vorprogrammiert.