Nach massivem russischen Angriff auf die Ukraine Kiew drängt auf schnellere Waffenlieferungen
Die Ukraine ist erneut Ziel massiver russischer Angriffe geworden - besonders betroffen sind Kiew und Charkiw. Es wurden Tote und Verletzte gemeldet. Außenminister Kuleba appellierte eindringlich an die Verbündeten, rascher Waffen zu liefern.
Nach den neuen massiven russischen Angriffen auf sein Land hat der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba die Verbündeten Kiews zu schnelleren Waffenlieferungen aufgefordert. Der Westen müsse "auf entschiedene Art reagieren", erklärte Kuleba in Kiew. Vor allem müssten "zusätzliche Luftverteidigungssysteme und Kampfdrohnen aller Art" geliefert werden. Zudem benötige die ukrainische Armee mehr "Raketen mit einer Reichweite von mehr als 300 Kilometer".
Kuleba habe die Partner außerdem laut seinem Ministerium aufgefordert, eine Entscheidung zu treffen und eingefrorene russische Vermögenswerte für den Bedarf der Ukraine zu transferieren. Zudem sollten die Verbündeten ihre Kontakte mit russischen Diplomaten in den entsprechenden Hauptstädten und internationalen Organisationen beenden.
Moskau hatte am Dienstagmorgen eine neue massive Angriffswelle auf das Nachbarland gestartet. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von mindestens vier Toten und 92 Verletzten. Landesweit wurde Luftalarm ausgelöst. In der Hauptstadt Kiew gab es heftige Explosionen. Wohngebäude wurden beschädigt. Auch die Großstadt Charkiw wurde von vielen Raketen getroffen.
Außenminister Kuleba fordert von den Verbündeten rasch "zusätzliche Luftverteidigungssysteme und Kampfdrohnen aller Art".
Angriff mit fast 100 Raketen
Insgesamt feuerte Russland nach ukrainischen Angaben "99 Raketen verschiedenen Typs" ab. Davon seien 72 von der Luftabwehr abgeschossen worden, erklärte die ukrainische Armee. Selenskyj sprach von erneutem "russischen Terror". Er kündigte eine ukrainische Reaktion auf die Luftangriffe an: "Russland wird für jedes getötete Leben geradestehen", sagte er.
Selenskyj dankte zugleich den westlichen Alliierten für die Lieferung von Luftabwehrsystemen. "Diese helfen, Hunderte Leben jeden Tag und jede Nacht zu retten." Der Westen unterstützt die Ukraine massiv in ihrem Kampf gegen die russischen Aggressoren, die aber bisher nicht entscheidend zurückgedrängt werden konnten. Deshalb drängt Kiew auf weitere Waffenlieferungen.
Stromnetz schwer beschädigt
In der Hauptstadt Kiew und Umgebung seien eine ältere Frau und ein Ehepaar getötet worden, erklärten Bürgermeister Vitali Klitschko und die örtliche Staatsanwaltschaft. In mehreren Stadtteilen gebe es Stromausfälle, schrieb Klitschko auf Telegram. Es seien Anlagen der zivilen Infrastruktur getroffen worden, eine Gasleitung sei beschädigt. Auch Probleme mit der Wasserversorgung wurden gemeldet. In einem Hochhaus seien 13 Menschen verletzt worden, als eine Rakete einen Brand verursachte, schrieb Klitschko.
Die Angriffswelle sei massiv gewesen, berichtet ARD-Korrespondent Vassili Golod aus Kiew. Die ganze Nacht über habe Luftalarm geherrscht, so Golod. Er berichtet von Toten und Verletzen sowie Zerstörungen. "Erst flogen Drohnen, dann flogen Raketen." Das sei ein sehr heftiger, schmerzvoller Tag für die Ukraine gewesen.
Laut dem staatlichen Energieversorger Ukrenergo wurde das Stromnetz schwer beschädigt. Mehr als 250.000 Menschen in der Hauptstadtregion seien ohne Strom.
Angriff auf Charkiw und Mykolajiw
Kurz zuvor hatte die Luftwaffe bereits über das gesamte Land verteilt Luftalarme ausgelöst. Betroffen war auch wieder Charkiw im Osten des Landes. Hier gab es mindestens einen Toten und mehrere Verletzte.
Der Bürgermeister von Mykolajiw im Süden des Landes erklärte, die ukrainische Luftwaffe habe Drohnen abgeschossen, deren Trümmer einen Brand verursacht hätten. Die ukrainische Luftwaffe gab an, in der Nacht insgesamt 35 im Iran produzierte Shahed-Drohnen abgewehrt zu haben. Weder die Angaben Russlands noch die ukrainischen Angaben konnten von unabhängiger Seite verifiziert werden.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Putin kündigte verstärkte Bombardements an
Die ukrainische Luftwaffe hatte bereits am Neujahrstag Angriffe durch eine "Rekordzahl" russischer Kampfdrohnen gemeldet. Russland hatte zuvor angekündigt, seine Bombardements auf das Nachbarland intensivieren zu wollen.
Präsident Wladimir Putin sprach von einer Reaktion auf den ukrainischen Angriff auf die russische Stadt Belgorod. Dabei waren am Samstag 25 Menschen getötet worden, darunter fünf Kinder. Zuvor waren bei dem bislang wohl größten russischen Luftangriff auf die Ukraine am Freitag mindestens 39 Menschen getötet worden.