Krieg gegen die Ukraine Oberbefehlshaber warnt vor Stellungskrieg
Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee befürchtet einen zermürbenden Stellungskrieg. Davon könne nur Russland profitieren, so Saluschnyj. Unterdessen meldet Kiew die Abwehr neuer russischer Angriffe.
Mehr als 20 Monate nach der russischen Invasion sieht der ukrainische Oberkommandierende Walerij Saluschnyj sein Land in einem Stellungskrieg gefangen. Nur ein Technologiesprung könne daraus einen Ausweg öffnen, schrieb der General in einem Beitrag für die britische Zeitschrift "The Economist". "Ein Stellungskrieg dauert lange und birgt enorme Risiken für die Streitkräfte der Ukraine und für den Staat."
Stillstand auf dem Schlachtfeld helfe nur Russland, die Verluste seiner Armee auszugleichen. Die Ukraine brauche insbesondere Flugzeuge, schrieb Saluschnyj. Die fehlende Deckung aus der Luft gilt als ein Grund, warum die Bodenoffensive der Ukrainer in diesem Sommer kaum vorangekommen ist. Mit den versprochenen Kampfjets vom Typ F-16 aus verschiedenen Ländern kann Kiew erst im kommenden Jahr rechnen.
"Russland darf nicht unterschätzt werden"
"Wie im Ersten Weltkrieg haben wir ein technologisches Niveau erreicht, das uns in eine Pattsituation bringt", sagte Saluschnyj in einem Interview, das mit dem Gastbeitrag veröffentlicht wurde. Die Ukraine benötige bessere Minenräumtechniken und müsse besser in der Lage sein, die russische Artillerie zu zerstören. Die westlichen Lieferungen hätten sich angesichts der bis zu 20 Kilometer großen russischen Minenfelder als unzureichend erwiesen.
"Russland darf nicht unterschätzt werden", schrieb der Oberkommandierende. Der Gegner habe zwar viele Soldaten verloren und Präsident Wladimir Putin scheue eine Generalmobilmachung. Aber auch die Ukraine habe Probleme, Reserven aufzubauen. Der Kreis der wehrpflichtigen Männer müsse ausgeweitet werden.
Anders als bei der Rückeroberung großer Gebiete im vergangenen Jahr haben sich in diesem Sommer ukrainische Hoffnungen auf Geländegewinne kaum erfüllt. Allerdings haben die ukrainischen Verteidiger Russlands Stellung auf der Krim geschwächt und die russische Marine aus dem westlichen Schwarzen Meer vertrieben. Präsident Wolodymyr Selenskyj und seine Führung halten an der Befreiung aller besetzten Gebiete als Kriegsziel fest.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Kiew meldet Abwehr von Angriffen
Unterdessen haben die ukrainischen Streitkräfte nach Angaben des Generalstabs zahlreiche russische Angriffe abgewehrt: bei Kupjansk im Nordosten, bei der zerstörten Stadt Bachmut im Osten und weiter südlich bei Awdijiwka.
Rund 40.000 russische Soldaten seien vor Awdijiwka zusammengezogen worden, schreibt der Militäranalyst Oleksandr Kovalenko in einem Online-Artikel. "Trotz der Verluste will die russische Führung Awdijiwka immer noch einnehmen, was jetzt eher ein politisches als ein taktisches Ziel ist."
Die Stadt gilt als Symbol für den ukrainischen Widerstand. Ein vom ukrainischen Militär veröffentlichtes Video zeigt, wie die ukrainischen Streitkräfte ein russisches Flammenwerfersystem in der Nähe von Awdijiwka zerstören - ein Angriff, der nach eigenen Angaben über Dutzende von Kilometern zu sehen war. Die Angaben lassen sich nicht sofort unabhängig überprüfen. Russland äußerte sich bislang nicht zu den ukrainischen Berichten.