
Druck aus Ungarn EU-Sanktionen gegen einzelne Russen aufgehoben
EU-Sanktionen gelten gegen den russischen Staat, aber auch gegen Einzelpersonen. Einige von ihnen sind die Strafen nun los - unter anderem ein Oligarch, der enge Verbindungen zu Putin haben soll. Ermöglicht hat das Ungarn mit seinem Vetorecht.
Ungarn hat mit seinem Vetorecht die Aufhebung von EU-Sanktionen gegen mehrere Russen erzwungen. Zu denjenigen, die künftig nicht mehr auf der EU-Sanktionsliste stehen werden, gehört unter anderem der Oligarch Wjatscheslaw Mosche Kantor. Das bestätigten mehrere Diplomaten der Nachrichtenagentur dpa.
Zudem profitieren eine Schwester des bekannten russischen Unternehmers Alischer Usmanow sowie zwei weitere Menschen von dem Vorgehen Ungarns.
Druckmittel sei, so Angaben von Diplomaten, die bis zu diesem Samstag notwendige Verlängerung von Russland-Sanktionen gegen mehr als 2.200 andere Personen und Organisationen gewesen.
Die Entscheidung dafür erforderte einen einstimmigen Beschluss der 27 EU-Mitgliedstaaten. Ungarn drohte, diesen zu blockieren, wenn nicht mehrere Russen von der Liste genommen werden. Ursprünglich hatte das Land sogar gefordert, die Sanktionen gegen neun Personen aufzuheben.
"Systematisch gegen gemeinsame Sicherheitsinteressen"
Als Reaktion auf den Schritt Ungarns dringt nun das baltische Estland auf eine Aussetzung des Stimmrechts des Landes in der EU. "Ungarn arbeitet systematisch gegen die gemeinsamen Sicherheitsinteressen Europas, und deshalb müssen wir rasch konkrete Schritte unternehmen", so Außenminister Margus Tsahkna in Tallinn.
Demnach sollte nach estnischen Vorstellungen ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags eingeleitet werden. Dieses sieht die Möglichkeit der Suspendierung der Stimmrechte von Mitgliedstaaten vor, sollten diese schwerwiegend und anhaltend gegen EU-Werte verstoßen.
Ungarn habe aus "politischen Gründen" die Verlängerung der Sanktionen davon abhängig gemacht, dass drei russische Geschäftsleute von der Liste genommen werden, sagte Tsahkna.
Wochenlange Diskussionen
Ministerpräsident Viktor Orbán hatte bereits mehrfach mitgeteilt, dass er die Russland-Sanktionen der EU grundsätzlich nicht für zielführend hält. Die Sanktionen der EU umfassen in der Regel Reisebeschränkungen, das Einfrieren von Vermögenswerten sowie das Verbot der Bereitstellung von Geldern oder anderen wirtschaftlichen Ressourcen. Sie wurden in den meisten Fällen als Reaktion auf die aus EU-Sicht ungerechtfertigte und grundlose militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine verhängt.
Über die Forderungen Ungarns hatte es wochenlang Diskussionen gegeben, weil etliche Mitgliedstaaten sie zunächst nicht akzeptieren wollten. Als Risiko gilt, dass die Aufhebung der Sanktionen anderen Russen Argumente für Klagen gegen Strafmaßnahmen geben könnte. So hieß es beispielsweise im Sanktionsbeschluss gegen Kantor, dieser habe enge Verbindungen zu Präsident Wladimir Putin, die ihm geholfen hätten, sein Vermögen zu sichern.
Wegen seiner guten Beziehungen zum Kreml habe er von russischen Entscheidungsträgern profitiert, die für die rechtswidrige Annexion der Halbinsel Krim durch Russland oder die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich seien. Nach Angaben der EU ist Kantor ein großer Anteilseigner von einem der größten Düngemittelhersteller Russlands.
"Entschlossenheit ist entscheidend"
Vergleichsweise unstrittig war nach Angaben von Diplomaten lediglich die Aufhebung von Sanktionen gegen Wladimir Raschewski, der früher Geschäftsführer und Direktor des Mineraldüngerherstellers EuroChem war. Er hatte im vergangenen Juli auch eine Klage vor dem EU-Gericht gegen EU-Beschlüsse gegen ihn gewonnen.
Spitzenvertreter der EU gingen heute zunächst nicht auf die Meinungsverschiedenheiten mit Ungarn ein. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach hingegen davon, dass der Druck gegen Russland erhöht werde. "Unsere Entschlossenheit, die Ukraine zu unterstützen, ist entscheidend", schrieb sie auf der Plattform X.