Urteil des EGMR Opfer von Menschenhandel haben Recht auf Entschädigung
Opfer von Menschenhandel können entgangenen Lohn einfordern. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden. Geklagt hatte eine Bulgarin, die zur Prostitution gezwungen worden war.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat einer Frau, die zur Prostitution gezwungen wurde, das Recht auf Entschädigung für entgangenen Lohn zugesprochen. Es ist das erste Mal, dass der Europäische Menschenrechtsgerichtshof Opfern von Menschenhandel einen solchen Anspruch zugestanden hat.
In dem konkreten Fall hatte eine Frau aus Bulgarien von ihrem ehemaligen Zuhälter, das Geld verlangt, das sie als Zwangsprostituierte verdient hatte. Sie war von ihrem Partner mehrere Monate lang zur Prostitution gezwungen worden. Er hatte ihr den Ausweis weggenommen und das Geld, das sie als Prostituierte verdiente.
Bulgarische Gerichte hatten Anspruch verneint
Der Zuhälter wurde 2017 als Menschenhändler verurteilt - die Frau bekam jedoch nur eine kleine Entschädigung zugesprochen. Anspruch auf ihren Lohn als Prostituierte habe sie nicht, urteilten die bulgarischen Gerichte. Denn das Geld sei mit "unzüchtiger und unmoralischer Arbeit" verdient worden - und die Rückgabe dieser Einkünfte würde gegen die "guten Sitten" verstoßen.
Den Anspruch auf dieses Geld muss sie aber haben, urteilte nun der EMGR. Wenn Zwangsprostituierte einen Schadensersatzanspruch auf ihren Lohn hätten, könnten sie mit dem Geld ihr Leben wiederaufbauen, so die Begründung. Zudem dürften Menschenhändler nicht finanziell von der Zwangsprostitution profitieren.
Weil die bulgarischen Gerichte den Lohnanspruch verneint hatten, haben die Straßburger Richter Bulgarien außerdem angewiesen, der Klägerin 6.000 Euro Entschädigung zu zahlen.
Mit Informationen von Max Bauer, ARD-Rechtsredaktion