Urteil in Ungarn Haftstrafe für Kapitän nach Donau-Schiffsunglück
Es war der schlimmste Schiffsunfall in Ungarns Nachkriegsgeschichte: Ein Kreuzfahrtschiff stieß in Budapest mit einem kleineren Boot zusammen - 27 Menschen starben. Jetzt wurde der Kapitän verurteilt.
Mehr als vier Jahre nach einem Schiffsunglück auf der Donau in Budapest mit 27 Todesopfern ist der Kapitän eines beteiligten Kreuzfahrtschiffs zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Ein Gericht in der ungarischen Hauptstadt sprach den 68-jährigen Ukrainer wegen Gefährdung des Schiffsverkehrs mit Todesfolge schuldig.
Vom Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung wurde er freigesprochen. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.
Ausflugsschiff beim Überholen gerammt
Das von dem Ukrainer gesteuerte 2000 Tonnen schwere Schiff "Viking Sigyn" hatte am 29. Mai 2019 beim Überholen ein kleineres Ausflugsschiff gerammt. Auf Aufnahmen von Überwachungskameras war zu sehen, wie sich die "Viking Sigyn" auf einem bei Touristen beliebten Donau-Abschnitt im Stadtzentrum der "Mermaid" schnell näherte und dann beim Überholen mit ihr kollidierte. Das Boot sank innerhalb weniger Sekunden.
An Bord der "Mermaid" waren 33 südkoreanische Touristen und zwei ungarische Besatzungsmitglieder. 25 Südkoreaner und beide Crewmitglieder kamen ums Leben. Nur sieben Insassen wurden gerettet, eine Südkoreanerin gilt bis heute als vermisst.
Es war das schwerste Schiffsunglück in Ungarns Nachkriegsgeschichte.
Das gesunkene Ausflugsschiff "Mermaid" wurde im Juni 2019 aus der Donau geborgen.
"Damit muss ich für den Rest meines Lebens leben"
Vor der Urteilsverkündung brachte der seit 2019 in Haft sitzende Kapitän sein "großes Bedauern" über das Unglück zum Ausdruck. "Ich komme wegen der Erinnerungen an diese schreckliche Tragödie keine Minute zur Ruhe. Ich kann deswegen nachts nicht schlafen", sagte er im Gerichtssaal. "Und ich denke, damit muss ich für den Rest meines Lebens leben."
Die Staatsanwaltschaft hatte dem Kapitän vorgeworfen, dass er sich vor dem Unglück mindestens fünf Minuten lang nicht auf seine Pflichten konzentriert und daher nicht bemerkt hatte, wie nah er dem anderen Schiff bereits war. Nach der Kollision sei er seiner Pflicht nicht nachgekommen, den Ertrinkenden zu helfen.
Im Prozess, der im März 2020 begonnen hatte, wies der Kapitän die Vorwürfe zurück. Er habe das kleinere Boot nicht bemerkt und eine Kollision mit Treibholz vermutet, erklärte er laut der ungarischen Zeitung "Blikk" in einer schriftlichen Erklärung. Als ihm klar geworden sei, was passiert war, habe er einen Schock erlitten und seinem Zweiten Offizier das Kommando überlassen.
Sein Anwalt hatte gefordert, den Kapitän in allen Anklagepunkten freizusprechen. Er machte allein den Kapitän der "Mermaid" für die Tragödie verantwortlich.