Volksabstimmungen in der Schweiz Ja zu Frontex, Filmgesetz und Organspendereform
Die Schweizer haben über drei Themen abgestimmt - und waren mehrheitlich dafür: Sie billigten die Beteiligung an der EU-Grenzschutzagentur Frontex, neue Regeln bei Organspenden sowie ein Filmgesetz.
Am deutlichsten war das Ja zur Finanzierung der EU-Grenzschutzagentur Frontex. "Würde die EU nur aus Frontex bestehen, würde die Schweiz ihr noch heute beitreten", so der sarkastische Kommentar eines Schweizer Journalisten auf Twitter.
Nach Hochrechnungen sind 72 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer dafür, dass sich ihr Land am von der EU beschlossenen Frontex-Ausbau beteiligt. Nun soll der Jahresbeitrag der Schweiz von 24 auf 61 Millionen Franken steigen. Die Schweiz ist zwar nicht in der EU, aber Mitglied des Schengen-Raums und deshalb vertraglich dazu verpflichtet, die Frontex-Finanzierung mitzutragen.
Flüchtlingsorganisationen unterliegen
Für ein Nein hatten Flüchtlingshilfeorganisationen und linke Parteien geworben. Sie verwiesen auf die zahlreichen Berichte über Menschenrechtsverletzungen und illegale Pushbacks durch Frontex. Sophie Guignard von der Hilfsorganisation "Solidarité sans Frontières": "Das Abstimmungsergebnis ist enttäuschend und beschämend für die Schweiz als Land der Genfer Flüchtlingskonvention."
Bei einem "Nein" zur Frontex-Finanzierung hätte der Schweiz allerdings der Ausschluss aus dem Schengen-Raum gedroht. Deshalb hatten auch Frontex-Kritiker für das Ja bei der Volksabstimmung geworben.
Flüchtlingsorganisationen und linke Parteien hatten gegen die Erweiterung des Frontex-Engagements geworben.
Künftig Widerspruchslösung bei Organspenden
Deutliche Zustimmung gab es auch für eine Neuregelung bei Organspenden: Knapp 60 Prozent stimmten für die sogenannte Widerspruchslösung. Damit gelten in der Schweiz künftig alle als potenzielle Organspender und -spenderinnen, die das zu Lebzeiten nicht ausdrücklich ablehnen. Bislang ist es - ähnlich wie in Deutschland - umgekehrt: Organspende nur bei Zustimmung zu Lebzeiten - etwa mit einem Organspendeausweis.
Die Schweizer Regierung möchte mit den neuen Regeln erreichen, dass mehr Organe für Schwerkranke zur Verfügung stehen. Das ist auch die Erwartung von Franz Immer, Direktor von Swisstransplant, der Schweizer Stiftung für Organspende und Transplantation.
Er sagte im Schweizer Radio SRF 1 zum Abstimmungsergebnis: "Das ist ein Ja zum Leben. Ich freue mich wirklich sehr, dass das Volk diesem Vorschlag von Bund und Parlament gefolgt zu sein scheint und dass es den Menschen auf der Warteliste diese Chance für die Zuteilung eines Organs erhöhen wird."
Die Gegner der Neuregelung fürchten zu großen Druck auf Menschen, die keine Organe spenden wollen - eine Befürchtung, die der Herzchirurg Franz Immer für unbegründet hält: "In den Diskussionen aus den Intensivstationen wird es gleich sein wie heute. Es geht immer darum, bestmöglich den Wunsch des Verstorbenen zu eruieren. Hier wird kein Druck entstehen."
Filmanbieter müssen in der Schweiz investieren
Auch bei der Abstimmung über ein neues Filmgesetz konnten die Gegner die Mehrheit der Bevölkerung nicht überzeugen. 58 Prozent, so das Zwischenergebnis der Abstimmung, sagten Ja zur sogenannten "Lex Netflix".
Das bedeutet: Künftig werden - wie in den meisten EU-Ländern - auch in der Schweiz Portale wie Netflix zur Kasse gebeten. Internationale Streaming-Anbieter sowie ausländische Fernsehsender mit Schweizer Werbefenstern müssen künftig vier Prozent ihres Schweizer Umsatzes auch in der Schweiz investieren. Damit sollen jährlich rund 18 Millionen Franken für die Schweizer Filmbranche zusammenkommen.
Es geht um "Swissness"
"Ich bin sehr erleichtert", sagte nach der Abstimmung zum Filmgesetz Matthias Aebischer, Abgeordneter der Sozialdemokraten im Schweizer Nationalrat und Präsident des Branchenverbands Cinésuisse:
"Das ist eine Vorlage, die logisch ist. Es ist eine Investition in einen Film, den Netflix sonst in Amerika machen würde und jetzt in der Schweiz machen muss. Es geht um Kultur, es geht um 'Swissness' - das ist toll"
Das neue Schweizer Filmgesetz verpflichtet Netflix und Co. auch dazu, mindestens 30 Prozent europäische Produktionen ins Programm zu nehmen. Die Schweizer Gegner des Gesetzes hatten diese Europa-Quote als "Bevormundung" kritisiert.