Kubaner Guillermo Fariñas erhält Sacharow-Preis Hungern für die Demokratie
Der kubanische Regierungskritiker Guillermo Fariñas ist mit dem Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit ausgezeichnet worden, da er sich seit Jahrzehnten für die Demokratie einsetzt. Den Preis durfte Fariñas nicht persönlich entgegen nehmen. Kuba verweigerte ihm die Ausreise.
Von Martin Polansky, ARD-Hörfunkstudio Mexiko-Stadt
Nichts mehr zu essen, ist sein wichtigstes politisches Kampfmittel. Guillermo Fariñas war so oft im Hungerstreik wie sonst kaum jemand. Ein abgemagerter, kahlköpfiger Mann. Mehr als zwanzig Mal hat er aus Protest gegen die Verhältnisse in Kuba die Nahrungsaufnahme verweigert, im Sommer wäre er fast gestorben, nachdem er 135 Tage lang gehungert hatte.
"In unserer Nationalhymne heißt es, für das Vaterland zu sterben, bedeutet zu leben. Ich bin bereit für mein Vaterland zu sterben, denn ich glaube an die Demokratie. Ausdruck dieser Demokratie ist auch, dass die politischen Gefangenen freigelassen werden. Und dafür kämpfe ich", sagt Fariñas.
Gegen Korruption und für den freien Zugang zum Internet
Guillermo Fariñas wurde 1962 geboren - fast genau drei Jahre nach der kubanischen Revolution. Die wurde auch von seinen Eltern unterstützt. Fariñas ging zur kubanischen Armee und beteiligte sich am Einsatz in Angola. Dann studierte er Psychologie.
Er begann sich politisch zu wandeln, prangerte Korruption in seiner Klinik an und gründete eine regierungskritische Internet-Nachrichtenagentur. In seinen Artikeln forderte er den freien Zugang zum weltweiten Netz für alle Kubaner und die Freilassung von politischen Gefangenen.
Weltweite Aufmerksamkeit durch Hungerstreik
Mehrfach wurde er zu Haftstrafen verurteilt - vor allem wegen tätlicher Angriffe unter anderem auf eine Kollegin. Die Behörden beschuldigen ihn zudem, ein Konterrevolutionär zu sein, der sich von den USA bezahlen lässt.
Schon Mitte der 1990er Jahre begann er mit seinen Hungerstreiks. Die fanden spätestens weltweite Aufmerksamkeit, als der Oppositionelle Orlando Zapata im Februar dieses Jahres starb. Er hatte sich zu Tode gehungert. Eine Zäsur aus Sicht von Fariñas: "Der Widerstand nach dem Tod von Zapata kann nicht der gleiche sein wie vor seinem Tod. Wir haben eine Grenze erreicht und dürfen die Repression der Castro-Brüder nicht weiter tolerieren."
135 Tage Hungerstreik
Nach dem Tod von Orlando Zapata beginnt Fariñas seinen bislang längsten Hungerstreik. Im Sommer dann der überraschende Kurswechsel auf der Insel. Die kubanische Führung kündigt die Freilassung fast aller politischen Gefangenen an, die von Amnesty International benannt sind. Die meisten von ihnen sind inzwischen im spanischen Exil. Elf weitere sitzen aber nach wie vor fest, vor allem weil sie sich weigern auszureisen.
Mit der weitgehenden Freilassung ist zwar nun eine der wichtigsten Forderungen der kubanischen Opposition erfüllt. Die EU hält aber an ihrer harten Linie gegenüber der sozialistischen Insel fest und fordert weitere Schritte. Der Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments für Fariñas unterstreicht diese Haltung. Der sieht Kuba noch weit entfernt von Demokratie: "Dieser Preis ist für das kubanische Volk, das seit mehr als 50 Jahren gegen den Totalitarismus rebelliert. Auch wenn dutzende aus den Gefängnissen entlassen wurden, haben sich die totalitären Gesetze nicht geändert. Von daher kann man nicht davon sprechen, dass sich die Lage der Menschenrechte und der Demokratie in Kuba verbessert hat."
Die Ausreise wurde ihm verweigert
Fariñas ist bereits der dritte Kubaner, der den Sacharow-Preis erhält. Vor allem die Konservativen im Europäischen Parlament hatten sich für ihn stark gemacht. Wie seine Vorgänger von der Insel darf Fariñas den Preis nicht persönlich entgegennehmen. Die kubanischen Behörden haben ihm die Ausreise verweigert.