Merkel berät sich mit Hollande Europa muss helfen - aber wie?
Tausende Flüchtlinge sind weiter über die sogenannten Balkan-Route auf dem Weg nach Westeuropa. Die Rufe, ihnen schnell zu helfen, werden immer lauter. Doch über das Wie konnten sich die EU-Staaten bislang nicht einigen. Heute beraten Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande über "neue Impulse" für eine gemeinsame europäische Strategie.
Die Europäische Union erlebt derzeit einen Flüchtlingsansturm historischen Ausmaßes: Seit Jahresanfang sind Zigtausende Migranten aus Afrika, dem Nahen Osten und Südasien in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa angekommen. Deutschland stellt sich auf bis zu 800.000 Asylbewerber in diesem Jahr ein.
Tausende Flüchtlinge befinden sich weiterhin auf der "Balkan-Route" gen Westeuropa. Hilfsorganisationen warnen vor einer dramatischen Verschärfung der Lage im griechisch-mazedonischen Grenzgebiet - vor allem seitdem Mazedonien die Grenze nun geöffnet hat. In den kommenden Tagen sei mit Hunderten neuen Flüchtlingen zu rechnen, die von den griechischen Inseln aufs Festland drängten, um weiter Richtung Mazedonien zu reisen.
So setzten gestern Abend erneut etwa 2500 Migranten, meist Syrer, von Lesbos nach Piräus über. Allein am Wochenende erreichten schätzungsweise 7000 Flüchtlinge das griechische Festland.
Suche nach geeigneten Maßnahmen
Doch auf EU-Ebene gibt es keinen Konsens über die Verteilung der Flüchtlinge. Pläne der EU-Kommission, verpflichtende Quoten für die Verteilung einzuführen, scheiterten bislang am Widerstand Großbritanniens und einer Reihe osteuropäischer Staaten. Die Aufnahme der Flüchtlinge erfolgt derzeit freiwillig.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande kommen heute in Berlin zusammen, um Lösungsvorschläge für eine gemeinsame europäische Strategie zu beraten. Nach Angaben aus Paris wollen sie demnach klarstellen, dass sie zu einer "deutlich weitergehenden" Harmonisierung der Asylpolitik ihrer Länder bereit seien, zum Beispiel was die Verfahren und die Regeln für die Anerkennung betreffe.
Liste "sicherer Herkunftsländer"
Als vorrangig betrachten Berlin und Paris eine einheitliche Regelung, welche Staaten als "sichere Herkunftsländer" eingestuft werden. Bislang legt dies jedes EU-Mitglied selber fest, besonders mit Blick auf die Balkanländer gibt es sehr unterschiedliche Regelungen.
Zu diesem Punkt hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière in der tagesschau Stellung genommen: "Wir brauchen eine europäische Bestimmung sicherer Herkunftsländer, zum Beispiel dass jedes Land, das Beitrittskandidat für die Europäische Union ist, automatisch sicheres Herkunftsland wird." Weiter riet de Maizière, auch darüber zu entscheiden, ob bestimmte Staaten in Afrika als sichere Herkunftsländer bezeichnet werden können.
Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker forderte die Mitgliedstaaten auf, sich auf eine gemeinsame Liste sicherer Herkunftsländer zu verständigen. Es sei unlogisch, dass die Mitgliedstaaten beschließen würden, die westlichen Balkanstaaten zu Beitrittskandidaten zu machen, sie aber nicht zugleich als sicher einstuften, sagte er der "Welt". Er kündigte für September eine gemeinsame Liste sicherer Herkunftsländer an.
Aufnahmezentren in erstem Festlandsort
Beschleunigen wollen Merkel und Hollande den Angaben zufolge auch die Einrichtung von Aufnahmezentren und die Identifizierung von berechtigten Asylbewerbern und illegalen Migranten bereits vor Ort in Italien und Griechenland, wo derzeit die meisten Flüchtlinge eintreffen. Es sei nötig, "an allen Fronten gleichzeitig" voranzukommen, hieß es in Paris.