Bilanz der EU-Flüchtlingspolitik 500 von 160.000
Blockade statt Solidarität kennzeichnet die Flüchtlingspolitik der EU. Von 160.000 Flüchtlingen sind gerade einmal 500 auf die Mitgliedsstaaten verteilt. Ein Brief aus Brüssel soll Druck ausüben - irgendwie.
Es sind zwei Zahlen, die den aktuellen Fortschritt der Europäischen Union in der Flüchtlingskrise am treffendsten erklären. Einerseits die Zahl 160.000: So viele Flüchtlinge wollen die Mitgliedsstaaten laut einer Vereinbarung vom September 2015 verteilen, um vor allem Griechenland und Italien zu entlasten.
Heute stellte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos in Brüssel die zweite Zahl vor - die der bisher tatsächlich verteilten Flüchtlinge: Es sind knapp 500 - 218 aus Griechenland und 279 aus Italien. "Das ist nicht akzeptabel", sagte Avramopoulos: "Deswegen habe ich heute allen Innenministern einen Brief geschrieben mit einer klaren Botschaft: um sie an ihre Zusage zur Verteilungsvereinbarung zu erinnern, an die sie gebunden sind im Angesicht dieser Notlage."
15 Staaten bieten Plätze an
Doch ob diese Warnung aus Brüssel die Verweigerungshaltung vieler EU-Mitglieder wirklich beenden kann, ist fraglich. Denn bisher haben, so Avramopoulos, überhaupt erst 15 Staaten Plätze für Flüchtlinge aus Griechenland und Italien angeboten, und zwar gerade einmal 2000 Stück. Allein in Griechenland aber warten rund 66.000 Menschen darauf, eine neue Heimat in Europa zugewiesen zu bekommen.
EU-Kommissar Avramopoulos appelliert mit einem Brief an die Innenminister.
Die EU-Mitglieder seien hier klar in der Pflicht, so Avramopoulos, nicht nur wegen ihrer politischen Zusagen, sondern auch moralisch: "Europa wird hier nicht von Feinden überrannt. Da kommen verzweifelte Menschen, die in Europa Zuflucht suchen."
Aufbau der "Hotspots" kommt nicht voran
Doch nicht nur die Verteilung von Flüchtlingen funktioniert bisher nicht. Auch der Aufbau von Erstaufnahmezentren, sogenannten "Hotspots", kommt nicht richtig voran. Von den sechs geplanten Zentren in Italien sind gerade einmal zwei fertig, in Lampedusa und Pozzallo. Von den fünf geplanten "Hotspots" in Griechenland ist sogar nur einer einsatzfähig. Wären sie alle schon fertig, könnten mehr als 13.000 Menschen am Tag registriert werden - deutlich mehr als inzwischen ankommen.
Auf der Balkanroute fehlen Unterkünfte
Problematisch bleibt auch die Balkan-Route: Hier fehlt laut EU-Kommission gut die Hälfte der zugesagten 50.000 Unterkunftsplätze für Flüchtlinge. Nur 15 EU-Staaten hätten zudem Hilfe bei der Versorgung zugesagt - viele Anfragen seien dagegen unbeantwortet geblieben.
Doch selbst wenn die Verteilung und Versorgung von Flüchtlingen irgendwann besser klappen sollte: Migrationskommissar Avramopoulos stellte klar, dass dies nur für Menschen mit Berechtigung auf Asyl gelte. "Und sie haben nicht die Wahl, in welches Land sie kommen. Und wer kein Anrecht auf Asyl hat, wird abgeschoben."
Allerdings müsse auch da nachgebessert werden: So hätten Italien und Griechenland zusammen 2015 nur rund 30.000 Menschen ohne Asylgrund abgeschoben - zu wenig angesichts rund eine Million Flüchtlinge, die über beide Länder in der EU ankamen.
Zahlen bauen Druck auf
Die Flüchtlingsbilanz der EU-Kommission wird schon kommende Woche wieder auf den Tisch kommen, dann beim Treffen der europäischen Regierungschefs in Brüssel. Die Zahlen bauen Druck auf: Es muss eine Lösung her. Und die könne nicht die EU-Kommission liefern, wie Avramopoulos klarstellte - sondern nur die EU-Mitglieder.