Erneute Gaddafi-Rede "Tanzt, singt, seid fröhlich"
In Tripolis ist es offenbar nach dem Auftritt Gaddafis zu Ausschreitungen gekommen. Überraschend hatte er erneut eine Rede gehalten: "Tanzt, singt, seid fröhlich, und verteidigt euer Land ", rief er seinen Anhängern zu. Sein Sohn Saif al-Islam sprach derweil von Verhandlungen mit den Aufständischen.
Libyens Staatschef Muammar al Gaddafi hat sich erneut öffentlich gezeigt und seine Anhänger zum bewaffneten Kampf aufgerufen. "Wir werden kämpfen und wir werden siegen", sagte Gaddafi laut im Fernsehen verbreiteter Bilder auf dem Grünen Platz in der Hauptstadt Tripolis. "Tanzt, singt, bleibt fröhlich, und verteidigt das Land", sagte er. Die Waffenlager im Land würden "geöffnet, um das ganze Volk zu bewaffnen". Zudem behauptete der seit mehr als 40 Jahren herrschende Machthaber, das Volk "liebt Gaddafi".
Gaddafi: "Übt Vergeltung"
Gaddafi sprach vor Tausenden Anhängern, die libysche Fahnen und Bilder des Staatschefs schwenkten. Mit erhobener Faust rief er auf einem Wall des Roten Schlosses, eines Forts in der Nähe des Grünen Platzes aus: "Übt Vergeltung gegen sie, übt Vergeltung gegen sie!" Seine Anhänger sollten sich vorbereiten, "die Nation und das Öl zu verteidigen". Er stand auf einer historischen Mauer und trug augenscheinlich die gleiche Mütze wie schon bei einem Auftritt vor einigen Tagen.
Nach dem Auftritt Gaddafis soll es am Abend zu Zusammenstößen gekommen sein. Ein Augenzeuge berichtete der Nachrichtenagentur dpa, nach dem Abzug von Gaddafis Wachmannschaft hätten sich Regimegegner dem Grünen Platz genähert. Dort seien dann erstmals Demonstranten beider Lager aufeinander losgegangen.
Gaddafi-Sohn spricht von Verhandlungen
Wenige Stunden später sprach Gaddafis Sohn Saif al-Islam vor ausländischen Journalisten von Verhandlungen mit den Aufständischen. Er hoffe, dass in den Städten Misrata und Sawija ein Waffenstillstand geschlossen werden könne. Zwar habe man des dort "mit Terroristen zu tun", dennoch habe sich die Armee entschlossen, sie nicht anzugreifen. Das Ausmaß des Blutvergießens wollte er nicht anerkennen: Es gebe nur "zwei geringfügige Probleme" in Misrata und Sawija. Berichten über getötete Demonstranten widersprach er, die Lage in Tripolis sei "ruhig und friedlich".
Erneut Tote - Offenbar Kämpfe in Misrata
Tagsüber waren Augenzeugen zufolge nach dem Freitagsgebet mindestens zwei Menschen erschossen worden, als die Polizei das Feuer auf Demonstranten eröffnete. Unbestätigten Berichten zufolge gingen auch die Kämpfe in Misrata östlich von Tripolis weiter. Nach Angaben mehrerer Nachrichtenagenturen wurden zwischen 23 und 30 Menschen getötet.
Im Viertel Sug el Dschomaa habe es Tote gegeben, sagte ein Bewohner zu AFP am Telefon. Auch aus anderen Vierteln in östlichen Vororten wie Ben Aschur und Faschlum berichteten Zeugen telefonisch, dass auf "alle, die sich auf der Straße befinden", geschossen werde. Andere Augenzeugen berichteten von Scharfschützen, die sich auf Dächern postiert hätten.
Kein Marsch der Millionen
Ein von politischen Aktivisten angekündigter "Marsch der Millionen" aus allen "befreiten" Städten bis nach Tripolis blieb zunächst aus, berichtet ARD-Korrespondentin Cornelia Wegerhoff. Ein Polizeioffizier sagte, einige Bewohner von Bengasi hätten sich auf den Weg nach Tripolis gemacht, um dort für den Sturz Gaddafis zu demonstrieren. Sie hätten jedoch keine Waffen mitgenommen, um gegen Regierungstruppen zu kämpfen.