Flüchtlinge in Griechenland Gab es tödliche Schüsse an der Grenze?
Wegen der angespannten Lage an der griechisch-türkischen Grenze erheben beide Länder wechselseitig Vorwürfe. So soll ein Migrant erschossen worden sein. Gleichzeitig ist die Krisendiplomatie in vollem Gange.
Die Türkei wirft griechischen Sicherheitskräften vor, an der Grenze einen Migranten getötet und fünf weitere verletzt zu haben. Griechenland wies dies umgehend als falsch zurück.
Zwei Vertreter der türkischen Sicherheitskräfte und die Behörden der türkischen Stadt Edirne erklärten, die griechische Polizei und Grenzschützer hätten nahe des Grenzübergangs Pazarkule mit scharfer Munition geschossen. Daraufhin sei ein Migrant in einem Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen. Fünf weitere seien an Kopf und Beinen verletzt worden.
Ein Sprecher der griechischen Regierung reagierte mit einem scharfen Dementi. "Die Türkei verbreitet Falschmeldungen", sagte er. "Ich weise dies kategorisch zurück." Diese Woche hatte es schon einmal ein ähnliches Gerücht gegeben. Auch da bestritt Griechenland Darstellungen aus der Türkei, dass griechische Sicherheitskräfte drei Migranten getötet hätten, die auf griechisches Gebiet gelangen wollten.
Organisiert Ankara die Flucht nach Griechenland?
In einem anderen Fall erhebt Griechenland Vorwürfe gegen die Türkei. An der ostgriechischen Grenze zur Türkei sollen von türkischer Seite aus Tränengasgeschosse des Militärs eingesetzt worden sein, sagte der griechische Regierungssprecher Stelios Petsas. Die Migranten vor der Grenze seien in einer organisierten, konzertierten Aktion mit Bussen von türkischen Städten aus an die Grenze gebracht und per Kurzmitteilungen über die angeblich offene Grenze informiert worden, erklärte Petsas.
Der griechische Staatssender ERT und andere griechische Medien zeigten Videos, nach denen türkische Bereitschaftspolizisten Tränengasgeschosse abfeuern. Die Aufnahmen wurden jedoch bisher nicht offiziell verifiziert.
EU-Innenminister beraten in Brüssel
Wegen der angespannten Lage kommen in Brüssel die EU-Innenminister zu einem Sondertreffen zusammen. Sie wollen über Möglichkeiten beraten, wie der Regierung in Athen beim Schutz der Außengrenzen geholfen werden kann. Es soll auch darum gehen, welchen Beitrag die einzelnen EU-Staaten dazu leisten können.
Seitdem die Türkei am Wochenende die Grenzen zur EU für Migranten für offen erklärt hatte, ist der Druck auf die griechischen Grenzen deutlich gestiegen. Nach UN-Angaben harren Tausende Migranten bei Kälte auf der türkischen Grenzseite aus. Viele wollen weiterziehen. Griechenland sichert die Grenze mit Härte.
Wieder Tränengas an der Grenze
Am Morgen gab es erneut Unruhen. Fernsehbilder zeigten von der griechischen Seite aus, wie hinter dem Grenzzaun Hunderte Menschen nach einem Durchkommen suchten. Die griechische Polizei setzte Tränengas ein, auch von Seite der Migranten wurden solche Geschosse über den Zaun geworfen.
EU-Ratschef Charles Michel reist wegen der angespannten Situation nach Ankara. Er trifft sich dort mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Das Innenministerium versucht Flüchtlinge und Migranten in der Türkei durch Mitteilungen in sozialen Netzwerken vom Grenzübertritt nach Griechenland und einer Weiterreise nach Deutschland abzuhalten. "Die Grenzen Europas sind für die Flüchtlinge aus der Türkei nicht geöffnet und das gilt auch für unsere deutschen Grenzen", twitterte die Behörde auf Deutsch, Englisch, Arabisch und Farsi. Auslöser der Aktion ist, dass auf türkischer Seite der Grenze zu Griechenland Tausende Menschen versuchen, in den EU-Staat zu gelangen.
Erdogan wirft EU Vertragsbruch vor
Erdogan wirft der Europäischen Union vor, ihre Versprechen aus dem EU-Türkei-Abkommen nicht eingehalten zu haben. Eigentlich hatte Ankara sich 2016 verpflichtet, gegen illegale Migration in die EU vorzugehen. Außerdem sieht das Abkommen vor, dass Griechenland illegal auf die Ägäis-Inseln gelangte Migranten zurück in die Türkei schicken kann. Im Gegenzug soll die EU für jeden Zurückgeschickten einen syrischen Flüchtling aus der Türkei übernehmen und das Land finanziell bei der Versorgung der Flüchtlinge unterstützen.