Griechischer Premier in Zypern Tsipras wirbt um Verbündete
Nach dem offenen Streit mit der EU wirbt Griechenland nun um Unterstützung - unter den wirtschaftlich ebenfalls gebeutelten Staaten Südeuropas. Heute besucht Regierungschef Tsipras Zypern, anschließend will er in Rom und Paris Rückendeckung organisieren.
Am Morgen ist Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras zum Antrittsbesuch in Zypern gelandet, wo er von Präsident Nikos Anstasiades empfangen wurde. Nach dem Treffen erklärte Tsipras, die Stabilität des Südostens Europas sei in Gefahr, wenn Griechenland oder Zypern sich vom Euro verabschieden würden. Europa brauche mehr als je zuvor Wachstum. Darüber befinde sich seine Regierung in substanziellen Verhandlungen mit den EU-Partnern und den anderen Geldgebern, sagte Tsipras - und fügte hinzu: Zurzeit spekuliere er nicht auf einen Hilfskredit aus Russland - gegenwärtig lägen andere Überlegungen nicht auf dem Tisch.
Die nächsten Stationen auf Tsipras' Europa-Tour sind Rom und Paris. Auch dort will er um Verständnis werben und erklären, wie er die Misere seines Landes in den Griff bekommen will. Wie Griechenland sind auch Zypern, Italien und Frankreich grundsätzlich offen für eine Ankurbelung der Wirtschaft anstelle von allzu strengen Sparprogrammen.
"Nicht sehr schlau, das Tafelsilber zu verscherbeln"
Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis verteidigte das Vorgehen seiner Regierung, geplante Privatisierungen von Staatsunternehmen auf Eis zu legen. Es sei nicht sehr schlau, das Tafelsilber zu verscherbeln, sagte er der Zeitung "Le Monde". Auf der anderen Seite seien ausländische Investititionen, "vor allem chinesische", ein wichtiger Hoffnungsträger für Strukturreformen und die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit.
Am Sonntag bat Varoufakis bei seinem französischen Amtskollegen Michel Sapin um mehr Zeit. Die griechische Regierung werde bis Ende Februar detaillierte Vorschläge auf den Tisch legen, dann könne hoffentlich bis Ende Mai eine neue internationale Übereinkunft zur Lösung der griechischen Schuldenkrise getroffen werden. Griechenland werde keine neuen Kredite beantragen, fügte er hinzu.
Varoufakis kündigt Berlin-Besuch an
Frankreichs Finanzminister Sapin sagte Athen Unterstützung bei der Suche nach einer Einigung zu. Diese könne Lockerungen beinhalten, aber keinen Schuldenerlass. Sapin betonte, Griechenlands Platz sei in der Euro-Zone.
Varoufakis kündigte an, bald auch nach Berlin und Frankfurt am Main zu reisen, also zur Bundesregierung und zur Europäischen Zentralbank. Ein solcher Besuch sei "essenziell", schon wegen der Bedeutung Deutschlands in Europa, sagte er in Paris. Dem Finanzministerium in Berlin liegt allerdings noch keine Anfrage zu einer solchen Visite vor - und auch nicht zu einem möglichen Besuch von Regierungschef Tsipras.
Juncker will angeblich Troika abschaffen
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker signalisierte den Griechen deutliches Entgegenkommen. Einem "Handelsblatt"-Bericht zufolge will er die sogenannte Griechenland-Troika abschaffen. Athen hatte am Freitag angekündigt, nicht weiter mit den Geldgeber-Vertretern von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds zusammenzuarbeiten.
Deutschland hält dagegen an der Troika zur Kontrolle der Hilfsprogramme fest. Es gebe "keinen Anlass, von diesem bewährten Mechanismus abzuweichen", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz. Das Bundesfinanzministerium betonte, Kontrollen wie die der sogenannten Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds seien etwa im Vertrag zum Schutzschirm ESM verankert. Dies sei nicht einseitig zu ändern, erklärte eine Sprecherin.
Kauder fordert Festhalten am Sparkurs
Im ARD-"Bericht aus Berlin" hatte sich am Sonntag bereits Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) gegen eine Abschaffung der Troika gewandt. "Das dürfte nicht gehen", sagte er mit Verweis auf die vom Bundesverfassungsgericht gezogenen "enge Grenzen". Kauder forderte ein Festhalten am Sparkurs; für politische Entscheidungen in Athen "können nicht alle Steuerzahler in Europa haften".
Dagegen zeigte US-Präsident Barack Obama Verständnis für das griechische Abweichen vom strikten Sparkurs. Man könnne "Länder, die sich inmitten einer Depression befinden, nicht immer weiter ausquetschen", sagte Obama in einem Fernseh-Interview. Bei einer Wirtschaft, die sich "im freien Fall" befinde, brauche es vor allem eine Wachstumsstrategie. Zugleich räumte aber auch Obama ein, dass Strukturreformen in Griechenland bitter nötig seien.