Türkei Tausende Flüchtlinge warten an der EU-Grenze
13.000 Flüchtlinge haben die Nacht bei eisigen Temperaturen an der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland verbracht. Die Regierung in Ankara will sie nicht aufhalten. Die EU reagiert mit großer Sorge.
Nach der von der Türkei angekündigten Öffnung ihrer Grenzen Richtung EU sind nach Angaben der UN-Organisation für Migration (IOM) mehr als 13.000 Migranten an der Grenze zu Griechenland angekommen.
Tausende Menschen, darunter auch Familien mit kleinen Kindern, verbrächten eine kalte Nacht an der Grenze, teilte die IOM mit. Ihre Mitarbeiter hätten entlang der 212 Kilometer langen Grenze zwischen der Türkei und Griechenland mindestens 13.000 Menschen beobachtet, die sich an Grenzübergängen in Gruppen von bis zu 3000 Menschen versammelt hätten.
Der IOM-Einsatzleiter in der Türkei, Ladfo Gvilava, sagte: "Die Zahl der Migranten, die sich über Edirne in Richtung Grenze bewegten, nahm im Laufe des Tages zu, als Autos, Taxis und Busse aus Istanbul ankamen." Die meisten, die unterwegs seien, seien Männer. "Aber wir sehen auch viele Familien, die mit kleinen Kindern reisen." Die Organisation verteile Essen und Vorräte. In der Nacht fielen die Temperaturen auf fast null Grad und der Wind sei ziemlich stark.
Nahe dem türkischen Grenzort Edirne warten die Flüchtlinge - und hoffen, die Grenze nach Griechenland passieren zu dürfen.
36.776 Migranten sollen Grenze passiert haben
Der türkische Innenminister Süleyman Soylu hatte via Twitter mitgeteilt, bis Samstagabend gegen 21 Uhr hätten 36.776 Migranten über die Provinz Edirne die Grenze passiert. In der Provinz Edirne gibt es Grenzübergänge nach Griechenland und nach Bulgarien. Allerdings berichteten weder Sofia noch Athen über das Eintreffen größerer Zahlen von Migranten.
Zuvor hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bestätigt, dass die Türkei keine Flüchtlinge mehr auf ihren Weg nach Europa aufhalte und gesagt, man habe die Grenze für Migranten geöffnet. Seit Freitag machen sich zahlreiche Menschen in der Türkei auf den Weg zur Grenze und versuchen, in die EU zu gelangen.
Von der Leyen sagt Griechenland Unterstützung zu
Die Türkei hat bereits mehr als 3,6 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Ein Flüchtlingspakt mit der EU von 2016 sieht eigentlich vor, dass die Türkei Migranten vom Weg in die EU abhält. Mit dieser neuen Position versucht Ankara offensichtlich, mehr Geld der EU für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge zu erzwingen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel verfolgten die Lage an den EU-Außengrenzen zur Türkei mit Besorgnis. "Unsere oberste Priorität ist, dass Griechenland und Bulgarien unsere volle Unterstützung haben", twitterte von der Leyen. Die EU sei zu weiterer Unterstützung bereit, auch mit zusätzlichen Kräften der EU-Grenzschutzagentur Frontex.
Von der griechischen Polizei wollen sich die Flüchtlinge nicht abhalten lassen.
Schwere Gefechte in Syrien
Bei den Kämpfen in Syrien hat die Türkei in den syrischen Provinzen Idlib und Aleppo nach Angaben von Aktivisten mehr als 70 Soldaten der syrischen Regierung und verbündeter Milizen getötet. Zunächst seien bei Angriffen mit Kampfflugzeugen, Drohnen und Artillerie 45 Regierungssoldaten getötet worden, bei späteren Angriffen 26 weitere Kämpfer, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit.
Die Türkei hatte nach Worten von Erdogan mehrere Angriffe in Syrien unternommen. Dabei seien Anlagen zum Bau von Chemiewaffen sowie Luftabwehrsysteme und Landebahnen zerstört worden, sagte Erdogan. Die syrische Regierung stritt die Behauptungen ab und warf Erdogan "irreführende" Aussagen und Übertreibung vor. Hintergrund der Vergeltungsangriffe ist der Tod zahlreicher türkischer Soldaten in Syrien.