Krise in Griechenland Wer führt die Einheitsregierung in Athen?
In Griechenland soll noch heute die Übergangsregierung aus Sozialdemokraten und Konservativen stehen. Ziel dieser Zweckgemeinschaft soll sein, die neuen Sparziele umzusetzen. Der bisherige Regierungschef Papandreou bleibt dann offenbar außen vor. Doch wer ersetzt ihn?
Von Reinhard Baumgarten, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Die Spannung steigt. Die Gerüchteküche brodelt. Drei Namen kursieren in den griechischen Medien: Loukas Papademos, Evangelos Venizelos und Stavros Dimas. Einer dieser drei Herren könnte Chef der Übergangsregierung werden. Im Laufe des Tages wollen sich die beiden großen Parteien, die sozialistische PASOK und die konservative Nea Dimokratia, auf die Zusammensetzung des Kabinetts und auf den neuen Ministerpräsidenten verständigen.
Gestern Abend hatten sich Noch-Regierungschef Giorgos Papandreou und Oppositionsführer Antonis Samaras grundsätzlich auf eine Große Koalition geeinigt. Wichtigstes Ziel dieser Zweckgemeinschaft soll sein, die Ende Oktober in Brüssel beschlossenen neuen Sparziele für Griechenland umzusetzen und somit die Voraussetzung für neue Hilfsgelder zu schaffen.
Vergangene Woche waren alle Zahlungen an Athen eingestellt worden, nachdem Regierungschef Papandreou ein Referendum über das europäische Rettungspaket und deren Auflagen angekündigt hatte. Von dem Vorhaben, auf diese Weise eine breitere Zustimmung für das Bündel an drastischen Sparmaßen einzuholen, ist Papandreou Ende vergangener Woche aufgrund massiven Drucks aus der Euro-Zone wieder abgekommen. Stattdessen hat er die Idee einer Zusammenarbeit mit der konservativen Nea Dimokratia forciert. Die beiden großen Parteien verfügen im griechischen Parlament über zusammen 238 von 300 Stimmen. Notwendig zur Ratifizierung der von Brüssel vorgegebenen Auflagen sind 180 Stimmen.
Papademos gilt als Favorit
Als aussichtsreicher Kandidat auf den Posten als neuer Regierungschef gilt Loukas Papademos. Der 64-Jährige ist promovierter Wirtschaftswissenschaftler und war acht Jahre lang Vizepräsident der Europäischen Zentralbank. Papademos gilt als integer und kompetent, außerdem ist er bestens mit den Mechanismen des EU-Räderwerks vertraut. Er befindet sich auf dem Weg von den USA nach Griechenland.
Neuwahlen am 19. Februar möglich
Das zweite wichtige Ergebnis der gestrigen Krisensitzung unter Leitung von Staatspräsident Karolos Papoulias ist die Ausrichtung einer Neuwahl des Parlaments. Als wahrscheinlicher Wahltermin kursiert der 19. Februar kommenden Jahres. Offiziell ist das noch nicht bestätigt.
Beobachter befürchten Wahlkampfschlacht
Politische Beobachter in Athen befürchten, dass sich die beiden großen Parteien während dieser knappen Übergangsphase in ihrem Bestreben, bei den Wählern zu punkten, kräftig beharken und gegenseitig behindern werden. Aus diesem Grund hatte sich Noch-Regierungschef Papandreou ursprünglich für einen deutlichen späteren Wahltermin ausgesprochen. Er konnte sich aber offensichtlich nicht durchsetzen.