Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen "Die Antwort der EU wird Ja sein"
Von Einigkeit kann keine Rede sein, wenn es um die Aufnahme von Ex-Guantánamo-Häftlingen geht. Doch in der EU zeichnet sich Unterstützung für die neue US-Regierung ab. In Brüssel wird bei der Sitzung der EU-Außenminister bereits von einem "europäischen Rettungsschirm" gesprochen.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die Meinungen gehen auseinander, aber schon jetzt ist sicher, dass einige EU-Länder den USA ihre Hilfe bei der Abwicklung von Guantánamo anbieten wollen. Manche reden mittlerweile schon von einem "europäischen Rettungsschirm" für Guantánamo - als ginge es darum, nach den Banken und den Unternehmen nun auch die Guantánamo-Häftlinge nicht im Regen stehen zu lassen: "Am Ende könnte es einen gemeinsamen EU-Rettungsschirm geben. Aber es bleibt eine Entscheidung der einzelnen EU-Staaten", sagte Benita Ferrero Waldner, die Außenkommissarin der EU.
"Eine Sache der Amerikaner"
Auch Portugals Außenminister Luis Amado sprach sich für einen gemeinsamen "EU-Rettungsschirm" für Guantánamo aus. Worin die Gemeinsamkeit bestehen soll, ist allerdings noch unklar. Im Endeffekt läuft es wohl darauf hinaus, dass einige ihre Bereitschaft erklären werden, einzelne Häftlinge aufzunehmen und andere eben nicht. "Das ist ein amerikanisches Problem, das die Amerikaner lösen müssen, aber wir werden bereit stehen um zu helfen. Ich glaube, wenn sie um Hilfe bitten, dann wird die Antwort der EU ‚Ja’ sein", sagte EU-Chefdiplomat Javier Solana.
"Eine Frage der Glaubwürdigkeit"
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte sich als einer der ersten dafür ausgesprochen, die USA bei der Auflösung des Lagers zu unterstützen. Klar sei, sagte Steinmeier in Brüssel, dass die Hauptverantwortung dabei bei den Amerikanern liege. Aber: "Wir haben von der europäischen und der deutschen Seite in den letzten Jahren vielfach und lautstark die Auflösung von Guantánamo gefordert", sagte Steinmeier in Brüssel. Und deshalb sei es auch eine Frage der Glaubwürdigkeit ob man jetzt nach der Entscheidung Obamas, Guantánamo zu beenden, diesen Kurs unterstütze oder nicht.
Auch der finnische Außenminister Alexander Stubb meint, dass es darum geht, der neuen US-Regierung für einen neuen Anfang die Hand zu reichen. Schließlich sei man "sehr zufrieden, dass Guantánamo geschlossen wird".
Offenbar unschuldig
Rund 60 von 245 Häftlingen, die noch in Guantánamo einsitzen, sollen für einen "EU-Rettungsschirm" in Frage kommen, heißt es. Der Grund: Ihnen konnte nichts nachgewiesen werden. Mit anderen Worten: Sie sind offenbar unschuldig. Hinzu kommt, dass sie nicht nach Hause geschickt werden können, da ihnen in ihren Heimatländern erneut Haft oder gar Folter droht.
In Deutschland muss Steinmeier sich nun vor allem mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und den Länder-Innenministern einigen. Schäuble gab sich am Wochenende etwas kompromissbereiter als bisher - in Einzelfällen könne man darüber reden, deutete er an.