Hongkong Erste Festnahmen unter "Sicherheitsgesetz"
Gestern verabschiedet, heute bereits angewendet: Erstmals sind in Hongkong Menschen auf Grundlage des neuen "Sicherheitsgesetzes" festgenommen worden. Die Polizei setzte Wasserwerfer gegen Demonstranten ein.
Bei Protesten gegen das neue "Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit" in Hongkong sind Dutzende Demonstranten in der chinesischen Sonderverwaltungsregion festgenommen worden. Die Polizei berichtete von mehr als 30 Festnahmen. Als Gründe wurden Verstöße gegen das neue Gesetz, das Versammlungsverbot oder auch Behinderung der Polizei genannt, wie Hongkonger Medien berichteten.
Die erste Festnahme nach dem neuen Gesetz war nach Polizeiangaben ein junger Mann, der im Stadtviertel Causeway Bay eine Flagge mit der Forderung nach einer Unabhängigkeit Hongkongs gezeigt hatte. Ein Großaufgebot von Sicherheitskräften riegelte mehrere Blocks in dem belebten Einkaufsviertel ab, um die Demonstranten zu vertreiben. Augenzeugen berichteten unter anderem vom Einsatz von Pfefferspray, Tränengas und Wasserwerfern.
Proteste trotz Verbots
Nach dem Inkrafttreten des umstrittenen Gesetzes gingen trotz des geltenden Demonstrationsverbotes viele Menschen auf die Straßen, um zu protestieren. Der heutige Tag ist zugleich der 23. Jahrestag der Rückgabe der britischen Kronkolonie am 1. Juli 1997 an China. Die Polizei hat ein Großaufgebot von Sicherheitskräften mobilisiert.
Nach dem neuen Gesetz ist in Hongkong nun vieles verboten, was vorher durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt war. So richtet es sich unter anderem gegen "Untergrabung der nationalen Einigung". Gemeint sind Bemühungen, eine Unabhängigkeit Hongkongs oder anderer Gebiete anzustreben, die Peking als Teil der Volksrepublik ansieht. Auch wendet es sich gegen "Untergrabung der Staatsgewalt", "Terrorismus" oder "geheime Absprachen" mit Kräften im Ausland.
Peking spricht von "Wendepunkt in der Entwicklung"
Aus Pekinger Sicht ist das Gesetz ein "Wendepunkt in der Entwicklung" der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Vizedirektor Zhang Xiaoming vom Amt für Hongkong und Macao beim Staatsrat sagte, das Gesetz solle Hongkong stabilisieren und Abweichungen vom Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" korrigieren.
Nach diesem Prinzip wird die frühere britische Kronkolonie seit der Rückgabe 1997 an China als autonomes Territorium regiert. Niemand verstehe die Werte und die wahre Bedeutung des Grundsatzes "besser als wir", sagte er.
In Hongkong ist die Polizei gegen Demonstranten vorgegangen.
Maas: "Außerordentlich besorgniserregend"
Bundesaußenminister Heiko Maas fordert ein gemeinsames Vorgehen der Europäischen Union gegenüber China. "Wichtig ist beim Thema China, dass wir uns als Europäer verhalten und nicht jeder einzelne seinen Weg sucht", sagte der SPD-Politiker im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF.
Das neue "Sicherheitsgesetz" Chinas für Hongkong sei "außerordentlich besorgniserregend", es werde das Verhältnis zur EU beeinflussen. "Ich glaube, dass die Europäische Union jetzt auch sehr schnell sich sehr klar dazu verhalten muss", sagte Maas. China sei möglicherweise die erste Bewährungsprobe für ein gemeinsames Handeln. "Das ist eines der Beispiele, an dem sich zeigt, dass (...) wir nur eine Chance haben, unsere Interessen und unsere Werte zu behaupten, wenn wir das als Europäer tun, jeder Einzelne ist zu klein dafür."