Trump und der Atomdeal Eine absurde Situation für die Welt
US-Präsident Trump dominiert mit seinen Themen die UN-Generaldebatte, sagt ARD-Korrespondent Kai Clement im Interview. Die Welt müsse zunächst mit der absurden Situation leben, dass er seine Entscheidung über die Zukunft des Atomabkommens bereits getroffen habe, diese aber noch nicht mitteile.
HRInfo: Das waren heftige Vorwürfe von US-Präsident Donald Trump in New York. Wie ist denn Irans Präsident Hassan Rouhani damit umgegangen?
Kai Clement: Auch mit heftiger Wortwahl, muss man sagen. Er hat gesagt, es wäre ja schlimm und schade, wenn 'schurkische Anfänger' auf der politischen Bühne dieses Abkommen zum Atomdeal jetzt zerstören würden. Trumps Rede sei schlicht absurd, ignorant und abscheulich gewesen und falsch am Platz der Vereinten Nationen. Im Ton und in der Wortwahl war das nicht weniger scharf als die Rede des US-Präsidenten.
HRInfo: Wie wahrscheinlich ist es, dass die USA aus dem Vertrag mit dem Iran aussteigen?
Clement: Das Absurde an dieser Situation ist, dass es einen US-Präsidenten gibt, der sagt, er habe eine Entscheidung dazu getroffen. Trump sagt aber nicht, welche das ist. Das ist die Situation, mit der die Welt gerade leben muss.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hat gestern Abend (Ortszeit) erklärt, dass es ja schließlich nicht nur ein Abkommen sei zwischen den USA und dem Iran, sondern ein Abkommen, das der UN-Sicherheitsrat angenommen habe - das somit der ganzen Welt gehöre. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel erklärte dennoch nach der Sitzung, er sei in allergrößter Sorge, dass der Vertrag zerstört werden könnte. Er habe das klare Signal wahrgenommen, dass die USA nicht mehr bereit seien, es mitzutragen.
HRInfo: Für den Fall, dass das Atomabkommen von den USA oder anderen Staaten aufgekündigt würde, hat Irans Präsident schon mit einer entschiedenen Reaktion gedroht. Wie ist das zu verstehen?
Clement: Wie diese Reaktion aussehen soll, hat Rouhani offen gelassen. Er sagte, der Iran werde das Abkommen auf keinen Fall als erster verletzten, aber er werde auf jede Verletzung entschlossen reagieren. Wie das genau aussehen soll, mag man sich gar nicht vorstellen. Vieles ist denkbar - vieles, was eigentlich eine Katastrophe wäre für die Weltgemeinschaft.
Gabriel sagte dazu: 'Es ist das einzig funktionierende Abkommen dieser Art.' Niemand bezweifle, dass der Iran sich an die technischen Details des Abkommens halte. Und ausgerechnet dieses Abkommen stehe nun auf dem Spiel.
HRInfo: Gabriel wird ja auch heute vor den UN sprechen. Das klingt so, als würde sich auch seine Rede vor allem um den Iran drehen?
Clement: Das kann man nun fast erwarten. Solch klare Töne von einem Außenminister habe ich schon lange nicht gehört. Gabriel hatte ja schon vor seiner Ankunft in New York drei Hauptthemen benannt. Dazu gehörte das Abkommen mit dem Iran, dazu gehörte natürlich auch Nordkorea. Ich denke aber, dass Gabriel den Fokus nun ganz auf den Iran legen wird.
HRInfo: Ist diese Generaldebatte der Vereinten Nationen letztlich eine Debatte über Donald Trump geworden?
Clement: Den Eindruck könnte man fast haben. Er setzte ja mehrere Themen und attackierte dabei vor allen Dingen die aus seiner Sicht sogenannten Schurkenstaaten. Dazu gehört in erster Linie Nordkorea, dazu gehört auch der Iran. Auch Venezuela attackierte er heftig. Trump scheint ganz die Thematik dieser Generaldebatte zu bestimmen - auch mit seinen kryptischen Äußerungen, er habe zum Atomabkommen eine Entscheidung getroffen, sage aber nicht welche. Das setzt dem Ganzen noch die Krone auf.